Kulinarische Abenteuer im Odenwald und an der Bergstraße

Hildegard

Jetzt hat sie den Salat – musikalisch und kulinarisch

Hildegard, der Salat ist fertig« Das singt Jan Th. Steinert zu entspannten Reggae-Klängen des Songs »Hildegard«. Nun ist Reggae wirklich nicht mein Ding und einen Salat würde ich als Hauptgang niemals freiwillig bestellen. Gute Gründe, sich dieser Themen hier einmal ausgiebig zu widmen. Und vielleicht ist es ja wie in der Mathematik, wo es ja bekanntlich heißt: Minus und Minus ergibt Plus.

»Bakerman is baking bread« sangen einst so ganz laid back zwei Dänen. Und die lügen ja bekanntlich nicht. Südhessen lügen aber auch nicht. Jedenfalls meistens nicht. Aber mindestens manchmal nicht. Und demzufolge wurde der kulinarische Reggae nicht 1989 (Release-Datum von »Bakerman«) von dänen erfunden, die im Norden wohnen. Sondern von denen aus dem Norden Südhessens. Denn »Hildegard« ist ein Song der ehemaligen Band D’innsect aus Groß-Umstadt – und war dort schon 1988 zu hören – also echt lange vor dem Wikinger-Reggae. Ich sage nur – the winner is Hessen und damit … Weltkulturerbe.

 

Komödie der Irrungen und Wirrungen

Ich werde nun versuchen, das leicht bekömmliche Lied in angemessener Form vorzustellen. Und als Supplement einen passenden Side-Salad, wie der gemeine als auch der nette Engländer sagt, zu kreieren. Ein sättigender Salat soll es werden. Knackig mit Charakter, in den ihr im Takt der Musik eure Zähne schlagen könnt. Und nicht so ein schlaffer Komposthaufen wie in der heute üblichen Bistroküche. Meine Variante eines absoluten Gourmet-Klassikers soll es sein – ein Salade Niçoise oder ein Nizza-Salat, wie der freundliche Gourmand von nebenan sagt.

Nun, dass Reggae und Salate nicht gerade zu meinen Kernkompetenzen zählen, habe ich oben ja bereits angerissen. Aber meine Ahnungslosigkeit geht noch weit über den Grad meiner Anmaßung  hinaus. So habe ich immer gedacht, dass Reggae die Volksmusik kiffender Jamaikaner sei und Ska dessen muntere Brit-Prol-Entsprechung. Doch tatsächlich verhält es sich genau umgekehrt. Denn der Reggae entwickelte sich während der Sechziger des letzten Jahrhunderts in London aus dem Ska.

Und da ist es doch mehr als passend, dass der Salade Niçoise gar nicht von Mittelmeeren erfunden wurde, sondern erstmals 1903 in dem Buch »Kochkunstführer« auftauchte – geschrieben in Paris vom berühmten Gastro-Erneuerer Auguste Escoffier.

Also wird eine nicht-jamaikanische Volksweise auf einen nicht-mediterranen Salat treffen – einen Otzberger Salade Niçoise sozusagen. Und beides aus Hessens tiefem Süden. So wärd ä Schuh draus.

 

Hildegard für den Plattenteller

Anhören auf: Youtube

 

Der Song, sein Text und seine Macher

Als »Heitere Sommertrilogie» fasst Jan Th. Steinert drei Songs zusammen, die in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 seinem »Otzberger Liederzyklus« folgten und auf verschiedenen Plattformen im Netz verfügbar sind. »Hildegard« ist einer dieser Titel, die anderen sind »Ein schöner Tag« und »Boom, Boom, Baker, Baby«. Im Reggae »Hildegard« versucht der Sänger eine Frau gleichen Namens mittels eines Salates zu betören. Ob der verzweifelte Versuch gelingt bleibt allerdings offen.

Hildegard,
geh und kaufe ein.

’ne Gurk, ’ne Möhre,
ein Sträußchen Dill.

Ein Köpflein Salat
drei Zwiebeln und ein Ei
Tomätchen, Käse
und den Fisch.

Hildegard,
der Salat ist fertig.
Nimm ihn in den Mund.
Er ist noch saftig.

Lock das Söschen bald herauf.
Du weißt ja, wie es geht.

Für den Geschmack
die Würze und die Sahne,
ein bisschen Öl
damit es schön flutscht.

Hildegard,
der Salat ist fertig.
Nimm ihn in den Mund.
Er ist noch saftig.

Hildegard, …

WTF is Hildegard?

Der Legende nach hat ein gewisser Jürgen Horst Manfred Müller, genannt »Piff« – echt jetzt – den Refrain erdacht und Hildegard ins Spiel gebracht. Aber wieso?

Wer ist diese Hildegard überhaupt? Das fragt sich der geneigte Hörer – also ich – und wird im Dunklen gelassen. So wie einst der Friese Otto wissen wollte, wer denn diese Vier seien, die nach Lodz fahren sollten, treibt mich die Frage um: WTF is Hildegard?.

Gehen wir es analytisch an, wie es so meine Art ist. Hildegard ist ein alter Vorname für deutsches Weibsvolk. Der vordere Teil »Hilde« leitet sich aus dem althochdeutschen  hilt(j)a = Kampf ab. Während das Hinterteil des Wortes germanisch ist und Schutz bedeutet. Opfert also der furchtsame Sänger der an die Nibelungen-Brunhilde erinnernden Titelfigur folgsam einen Fitness-Teller? Weil die gern den Männchen eins aufs Fressbrett gibt, wenn die nicht parieren, beziehungsweise oben liegen wollen? Wohl nicht – oder würde er sie sonst so nassforsch bereits in der ersten Text-Zeile des launigen Liedes zum Einkaufen schicken?

Da es um Salat geht, könnte natürlich die heilige Kräuterqueen Hildegard von Bingen gemeint sein. Denn die vergleicht in ihren Schriften nicht nur den Geschlechtsakt mit dem Kochen von Speisen, sondern weist auch nachhaltig darauf hin, dass man mit Aderlass und Kopfsalat so ziemlich alles wieder hinkriegt, was dem Köper nicht behagt.

Hildegard Sonnenbichler, Frau von Alfons Sonnenbichler, Sous-Chefköchin des „Fürstenhofs“ in »Sturm der Liebe« kann trotz kulinarischer Bezüge jedenfalls nicht gemeint sein, da diese Telenovela erst 2005 die Fernsehlandschaft verseucht.

Oder will der Autor aber auch einer Kindheitserinnerung huldigen und beschwört des Geist der Hildegard Bernbacher herauf, der Frau von Meister Eders Freund Georg „Schorsch“ Bernbacher aus »Meister Eder und sein Pumuckl«-

Aber vielleicht ist es gar so eine mundraubende Hildegard, die Männer unter den verschiedensten Namen kennen. Nämlich die, die sich im Restaurant immer einen Salat bestellt und dann die Pommes vom Teller ihres männlichen Begleiters klaut, um auf dieses Weise veritable Beziehungskrisen herauf zu beschwören. Denn kein Männchen, welcher Art auch immer, lässt sich gern Futter aus dem Napf klauen.

Man weiß es einfach nicht und wird es nie erfahren, denn Jürgen Horst Manfred Müller, genannt »Piff«, schweigt.

 

Das Team aus der Klangküche

Auf- und zubereitet wurde der leicht bekömmliche D’innsect-Titel aus dem Jahr 1988 in Otzberg bei Reiner Dörr im Herbst 2023. Die beteiligten Köche – hier muss wohl eher von Kaltmamselln gesprochen werden, denn » Heute bleibt die Küche kalt, es gibt Salat im Odenwald« – waren und sind:

Reiner Dörr (Musik) und Jan Thorsten Steinert (Text – bis auf den Refrain)

Gitarre und Schlagzeug steuerte Reiner Dörr bei, den Bass zupfte Heiko Müller – beide kollaborieren auch in der in Südhessen weltbekannten Formation »Tres Rockas«.

Knackig produziert wurde die Rohkost-Hymne in Darmstadt bei Lars Schwarz.

Und das zitrus- frische Cover steuerte Kai Richter aus Groß-Umstadt bei.

 

Hildegard für die Salatschüssel

Geh und kaufe ein

Hildegard, geh und kaufe ein. Das muss sie besorgen, wenn noch drei Leute mitessen wollen. Aber es darf auch etwas mehr sein.

Zutaten für den Salat:

  • 200 g Kartoffeln, vorwiegend festkochend, Drillinge wären prima
  • 200 g Grüne Bohnen
  • 4 Eier
  • 2 Römersalatherzen
  • ½ Salatgurke
  • 12 g Kirschtomaten
  • 100 g schwarze Oliven (groß, ohne Stein)
  • 200 g Thunfisch (in Olivenöl)
  • 8 Sardellenfilets (in Olivenöl)
  • Olivenöl
  • 2 Knoblauchzehen (geschält und halbiert)
  • Salz und Pfeffer

Zutaten für die Vinaigrette:

  • 2 EL Senf
  • 4 EL Apfelessig
  • 6 EL Olivenöl
  • Salz und Pfeffer

Du weißt ja, wie es geht

Wascht die Kartoffeln gründlich ab und gart sie in Salzwasser bissfest. Schüttet das Wasser ab und lasst die Kartoffeln ausdampfen. Ob ihr sie pellt oder nicht, liegt ganz allein in eurer Hand, aber je nach Größe solltet ihr sie in mundgerechte Stücke oder Scheiben schneiden.

Putzt und wascht die Bohnen. Dann gart ihr sie in Salzwasser bis sie noch einen leichten Biss haben. Gießt sie ab und schreckt sie in eiskaltem Wasser ab – so bleiben sie schön grün.

Kocht die Eier wachsweich und stellt sie zur Seite.

Erhitzt Olivenöl in einer Pfanne und gart den Knoblauch bei geringer Hitze darin leicht an. Erhöht dann die Temperatur und bratet die darin die Kartoffeln kräftig an. Schmeckt die Bratkartoffeln mit Salz und Pfeffer ab und lasst sie in einer Schüssel etwas abkühlen.

Für das Dressing verrührt ihr den Senf mit dem Essig und dem Öl. Dabei entsteht eine trübe Mischung, die ihr nur noch mit Salz und Pfeffer abschmecken müsst.

Jetzt wascht ihr die Salatherzen, schleudert sie trocken und scheidet sie in Streifen. Die Kirschtomaten spült ihr ab und halbiert sie, die gewaschene Gurke schneidet ihr in Scheiben. Vermengt dann Salatstreifen, Tomaten und Gurkenscheiben miteinander. Napiert alles mit dem Dressing und verteilt die Salatmischung gerecht auf den Tellern

Lasst den Thunfisch abtropfen und befreit die Sardellenfilets unter fließendem Wasser vom Salz.

Dann verteilt ihr den Fisch, die Kartoffeln, die Bohnen und die Oliven auf dem Salat. Pellt die Eier, halbiert oder viertelt sie platziert sie auf eurem Nizza-Salat. Ein wenig frisch gemahlener Pfeffer rundet due Kreation ab.

Zum Schluss noch‘n Kunspertipp: Lasst die schwarzen Oliven weg und komplettiert euren Salat durch frittierte Oliven. Dazu nehmet ihr große grüne Oliven ohne Stein und paniert sie wie ein Schnitzel. Dazu wendet ihr sie in Mehl, dann in verquirltem Ei und anschließend in Paniermehl. Dann backt ihr sie in heißem Öl goldgelb aus und gebt sie auf den Salat.

Serviert dazu frisches oder leicht geröstetes Bauernbrot. Es muss ja nicht immer Baguette sein. Und: Trinkt dazu, was ihr wollt. Doch trinkt gefälligst was und singt „Hildegard, der Salat ist fertig“ – wo auch immer ihr seid in Hessens tiefem Süden oder dem Rest der Welt.

Bilder: Thomas Hobein

(Musik: Natürlich bietet sich ein Song namens »Hildegard» von Jan Th. Steinert an. Oder ihr hört Hildegard zu. Hildegard Knef, wenn sie ihren großartigen Chanson »Von nun an geht’s bergab« singt.)

 

2 Kommentare 27. Februar 2025

2 Kommentare zu “Hildegard

  1. Tja – und hier streiten sich die Gelehrten, was denn jetzt in den original Salat Nicoise kommt oder nicht. Vielleicht hierzu ein Video meines Freundes und Kenners der Küche der Cotes d’Azur Sebastian Messinger:

    https://youtu.be/RqlxSHLXgGw?si=ONlFdDJ3adBCtjMX

    …und wir wäre es mit DEM Reggae zum Salat Nicoise von Nizza Noise?

    https://open.spotify.com/intl-de/album/2eHz6LZbCGcIjA7W1xfcUW?si=7WUmcWA2SkKlLycm9bfwAQ

    Guten Appetit mal auf jeden Fall 😉

    1. Thomas Hobein

      Interessanter Musiktipp. Und … dass der Ursprung dieses Salates – so wie auch Ratatouille – ein Arme-Leute-Essen war, habe ich mir schon gedacht. Das führt bei mir aber nicht automatisch zur Namensfindung. Momentan toben ja auf der ganzen Welt die Streitigkeiten über die Provenienz ikonischer Gerichte. Habe gerade einen Film über die mexikanischen Damals gesehen, auf deren Ursprung aber mindestes auch Chile, Peru und Ecuador Anspruch erheben.

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