Kulinarische Abenteuer im Odenwald und an der Bergstraße

Ham mer net

Auf der Suche nach dem verlorenen Weckmehl

Unlängst war mir danach einigen Kalbsschnitzeln eine Panierung zu verpassen. Die sollten dann schön kross ausgebacken einen lauwarmen Kartoffel-Gurken-Salat begleiten. Also suchte ich die nächstgelegene Bäckerei auf, um ein Tütchen Weckmehl zu erwerben. Fehlanzeige.

Einem dumpfen Blick, gepaart mit leicht überheblicher Verachtung, entspringen zwei gleichgültig genuschelte Sätze. Ham mer net. Ach, schon ewisch net mear.

Aha. Mist. Und jetzt? Gutes Fleisch braucht aber eine gute Panade. Altbackenes selbst rubbeln? Aber ich habe weder Altbackenes noch Zeit. Da grinst mich das gefühlt fußballfeldgroße Logo eines Verbrauchermarktes an (Verbraucher­markt ist einfach ein geiles Wort).

Vielleicht haben die ja wenigstens Panko. Deutsche Fernsehköche empfehlen ja immer öfter Panko. Das kommt aber nicht aus Berlin sondern aus Asien. Das macht aber nichts, denn das Wiener Schnitzel kommt ja auch aus Mailand. Panko ist ein Paniermehl aus Weißbrot, das ohne Rinde zerkrümelt wird und deshalb wohl knuspriger wird. Ich will aber eigentlich kein Panko, ich will Weckmehl. Und zwar vom Bäcker. Aber beides ist auch hier nicht zu ergattern. Also kaufe ich in dem Verbrauchermarkt, der gar nicht so super ist, wie er immer tut, eine Schachtel Industrie-Brot-Späne. Aber, Herrschaften, nur aus Zeitgründen. Nur aus Zeitgründen.

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Den weiteren Verlauf des Tages erspare ich euch Leserinnen und Lesern jetzt mal, aber vor allem mir als Hobbykoch und Schreiberling.

Stattdessen machen wir einen Zeitsprung zurück in meine Kindheit. In eine Zeit als Paniermehl, Weckmehl oder Semmelbrösel die selbstverständlichste Sache der Welt waren. Wenn da nämlich meine Mutter den kleinen Thomas zum „alltäglichen“ Torten- oder Brotkaufen schickte, musste ich fast immer Paniermehl vom Bäcker mitbringen. Abgefüllt war es in kinderhandlichen Pergamin-Tüten – die selbstverständlich pur und nicht bedruckt waren.

Gut, das ist jetzt natürlich eine mehr oder weniger gewisse Zeit her und ich bin auch nicht gerade der Permanent-Panierer, aber dennoch stand die Frage im Raum, ob ich wohl den Trend weg vom Paniermehl verpasst habe.

Schließlich gibt es immer mehr Supermärkte, denen ich misstraue, als Bäckereien meines Vertrauens. Und vielleicht bröselt deshalb auch die Paniermehlfront weck (konnte ich mir jetzt nicht verkneifen).

Wir wollten es dann wissen und haben mal nachgesehen – im Odenwald und an der Bergstraße.

Gut, es gibt es noch – das Paniermehl. Es umgibt uns zwar nicht mehr mit der Selbst­verständlichkeit meiner Kindheit, aber es ist noch da. In vielen nächst gelegenen Bäckereien steht es auf dem gläsernen Tresen und ruft in bunt bedruckten Plastik-Behält­nissen: „Nimm mich mit und panier was mit mir.“ Wir haben hier mal eine Auswahl abgebildet.

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Fazit: Es gibt sie noch, die guten Dinge, wie ein bekanntes Versandhaus sagen würde. Das gute Weckmehl – von Bäckerhand geschreddert – ist zwar rarer geworden, genauso wie die Bäckereien selbst, aber es ist noch da.

Da? Da fällt mir die Rumkugel oder die Umschnitte ein – früher so etwas wie das süße Ragout-Fin des Konditors. Total lecker und niemals gleich, sondern jedes Mal ein echtes kulinarisches Abenteuer. Ein Abenteuer, das im Zuge der kulinarischen Gleichschaltung der Welt sicherlich nicht mehr erlaubt ist. Aber wir werden sehen, naschen und berichten.
Bleibt als(!) dran.

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Bröseltüten-Sammler dieses Erlebnisses war Michael Frank und fotografiert hat Packshot-Hobein.

 

(Beim Schreiben gehört: „Greatest Hits Rediscovered [UK Version]“ von Tom Jones)

 

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