Kulinarische Abenteuer im Odenwald und an der Bergstraße

Der Steinpilz

oder zwei Männlein auf der Suche

Es ist die Zeit für Steinpilze. Und du willst sie, die Steinpilze. Einfach in Butter gebraten oder paniert und dann in Butter gebraten. Aber du hast keine Steinpilze. Du hast nur Butter.

Also steuerst du einen nahe gelegenen Wald an, stellst dein Auto auf einem Naturpark ab (so nennen Südhessen unbefestigte Parkplätze; sie bezeichnen einen Fotoapparat ja auch als Foto), schnappst dir dein Körbchen (Größe egal), betrittst den Waldrand, erspähst bereits nach wenigen Metern eine riesige Kolonie monströs großer Steinpilze, denkst dass Körbchengröße doch nicht egal ist und dann … dann wachst du auf. Nur, dass noch Butter im Kühlschrank liegt, das hast du nicht geträumt. Vielleicht jedenfalls.

„Es könnte so einfach sein, ist es aber nicht“, rappen die Fantastischen Vier. Und tatsächlich, so einfach ist es nicht mit den Steinpilzen. Wir sind jetzt zum sechsten Mal unterwegs. Suchen zum sechsten Mal bekannte geheime Stellen zwischen Ober-Ramstadt und Reichelsheim auf. Stellen die im Normalfall so ergiebig sind, dass du körbeweise Pilze aus dem Wald schleppen kannst. Ach, was sage ich, waschkörbeweise. Aber eigentlich sage ich das gar nicht, sondern mein Führer. Also nicht der Führer … ihr wisst schon. Es geht um den, der die geheimen Stellen kennt und anordnet, dass ich gefälligst die GPS-Funktion meiner Instagram-App deaktivieren soll. Man will ja schließlich unter sich bleiben. Beim Nix-Finden.

 

Die erste Begegnung

Konzentrieren wir uns lieber, denn heute scheinen die Bedingungen ideal, einige der aromatischen Kameraden zu finden. Die vorherigen Male war es zu kalt, zu trocken, zu windig, zu früh, zu … egal. This is the day.

Bewaffnet mit einem Taschenmesser und Stoff-Taschen von Tegut stapfen wir durch das Gehölz. Wir bevorzugen Stofftaschen, denn nichts ist peinlicher als mit einem leeren Korb anderen Pilzsuchern zu begegnen, die bereits fündig geworden sind. Konzentriert lassen wir die Blicke schweifen. Und tatsächlich: Pilze. Zwanzig, dreißig Stück. Direkt vor meinen Füßen. Aufgeregt rufe ich um Hilfe. Ich kenne mich ja nicht aus, will nichts falsch machen. Der Pilzkundige naht und beäugt die Versammlung der eukaryotischen Lebewesen zu meinen Füßen. Kenn ich nicht, ist sein Kommentar. Kann man nicht essen? Ich bin eben neugierig. Weiß nicht, lautet die fachkundige Antwort.

OK, ihr Pilze. Dieses Mal seid ihr noch davon gekommen, aber nächstes Jahr weiß ich besser Bescheid. Dann seid ihr dran, wenn ihr lecker seid. Und mir wird klar, ich rede mit Pilzen. Bloß schnell weg.

Aber zwei Buchen weiter ist es dann soweit. Ein Speisepilz verstellt uns wagemutig den Weg. Wir fällen ihn. Die Beute ist ein Parasol mit einer gefühlten Stiel-Länge von einem halben Meter. Mindestens.

Doch damit ist unserer Jagd-Euphorie zum Trotz dieses Waldstück abgeerntet. Wir fahren ernüchtert zum nächsten Naturpark.

Parasol_3_Tiny

 

Seine Majestät gibt sich die Ehre

Eigentlich erfüllt uns mittelschwere Lustlosigkeit als wir dort das Statussymbol für Leute, die kein Statussymbol brauchen, verlassen und das sechste Mal den Weg einschlagen, der uns zum Futter bringen soll. Trotzig probieren jetzt wir etwas Neues, schlagen uns rechts in die Büsche und landen direkt vor einem Knollenblätterpilz. Jetzt ist Körperbeherrschung gefragt. Geschickt weichen wir der Kobra unter den einheimischen Giftpilzen aus. … Noch mal gutgegangen.

Knollenblätterpilz_Tiny

 

Dann halten wir uns links und sind plötzlich am Ziel unserer Wünsche. Der Steinpilz unter den Steinpilzen grinst uns vom Wegesrand an. Wurmfreie fünfhundert Gramm, schätzen wir. Ach was, viel mehr. Die Waage wird später behaupten, dass nur von dreihundertfünfzig Gramm die Rede sein kann, aber eine neue ist schon bestellt.

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Doch jetzt hat uns das Jagdfieber gepackt. Wir hecheln von Lichtung zu Lichtung, von Baum zu Baum. Aber das war es. Gut, wir treiben noch eine Herde Parasole in die Tegut-Tasche, aber die Steinpilze gehen uns erfolgreich aus dem Weg. Dennoch sind wir so was von glücklich.

Als uns auf dem Heimweg Metzgermeister Hornung noch einen Batzen besten Rindfleisches mitgibt, kennt unsere Freude keine Grenzen. Vorsichthalber kaufen wir aber noch Butter. Es sollte zwar noch welche im Kühlschrank sein. Doch jetzt lieber nichts dem Zufall überlassen, denken wir.

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Dieses kulinarische Abenteuer ist bereits einige Tage her und inzwischen füllen größere Steinpilzmengen unsere Mägen. Aber aller Anfang war schwer.

Zum Abschluss noch einige Fundstücke, die ich wie alle anderen Bilder mit iphone und ipad gesammelt und in Photoshop zubereitet habe.

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(Beim Schreiben gehört: „What A Wonderful World“ – aber nicht von Louis Armstrong, sondern von Alison Mosshart & The Forest Rangers. Das ist die Version, die in „Sons of Anarchy“ zu hören war)

1 Kommentar zu “Der Steinpilz

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