Labskaus
Was dem Pfälzer sein Saumagen, ist dem Küstenbewohner sein Labskaus. Beides besteht im Wesentlichen aus Kartoffeln und Fleisch. Beides ist lecker. Und beides wird geradezu leidenschaftlich von denen verschmäht, die es nicht kennen. Ich bin kein Pfälzer und komme nicht von der Küste, mag aber beides. Hier sind meine Geschichte und mein Rezept zum Labskaus.
Es gab eine Zeit, in der ich in der Lüneburger Heide meine Zeit im Tarnanzug verbrachte – auf Staatskosten, versteht sich. Da bekam ich kein Geld, sondern Sold. Hatte freie Unterkunft mit optionalem Nachtalarm und täglich drei freie Mahlzeiten. Einmal monatlich, immer an einem Freitag, gab es dort Labskaus und ich hatte die Kantine fast für mich allein. Eine gute Gelegenheit für mich einen Nachschlag-Rollmops mehr zu verputzen. Der wird nämlich getrennt gereicht und auch nur auf Wunsch. Doch der Fisch im Labskaus ist nicht etwa nur so ein Mythos wie das Hängolin im Bundeswehressen zur Regulierung des männlichen Lustbefindens – es gibt durchaus Varianten mit eingearbeitetem Fisch. Aber man muss ja nun wirklich nicht alles essen.
Das (nicht der) Labskaus oder Scouse, wie man in Liverpool sagt, ist wohl in den Kombüsen der Segelschiffe entstanden – aus haltbaren Zutaten wie Pökelfleisch und Kartoffeln. Und wie viele Arme-Leute-Essen hat sich auch dieses Gericht inzwischen zu einem Klassiker entwickelt, das durchaus auch auf Karten der norddeutschen Spitzen-Gastronomie zu finden ist.
Diese schnelle Variante stammt von einem alten Schiffskoch, dem ich lange vor meinem Musterungsbescheid begegnet bin. Sie hat alles, was das Labskaus braucht. Dabei werden die Zutaten – bis auf den Kartoffelbrei mit dem Fleisch – nicht durcheinander gemixt, sondern getrennt serviert. Es kommt wie ein Bausatz daher und jeder isst nur das, was er möchte.
Und jetzt seid nicht feige – traut euch in Darmstadt, im Odenwald, an der Bergstraße und im Ried.
Labskaus-Zutaten für 4 waghalsige Südhessen
- 640 g Corned Beef
- neutrales Öl zum Braten (kein Olivenöl)
- 2 Zwiebeln
- 800 g mehlige Kartoffeln
- Sahne oder Milch nach Belieben
- etwas Butter
- 4 Ei(er)
- Gewürzgurken, eingelegte Rote Beete und Rollmöpse nach ganz persönlichem Bedarf
- Salz, Pfeffer
- Muskatnuss
An die Arbeit
Zuerst macht ihr einen schönen Kartoffelstampf und nicht so ein schnöseliges Prinzessinnen-Püree.
Dazu schält ihr die Kartoffeln, schneidet sie klein und kocht sie in Salzwasser. Wenn die Kartoffeln gar sind, gießt ihr sie ab und lasst sie ausdampfen. Gebt die Sahne/Milch und die Butter dazu. Würzt alles mit Salz und Muskatnuss und zerstampft es zu einem Brei, der durchaus noch Kartoffelstücke enthalten darf. Benutzt dazu auf keinen Fall einen Mixer – außer ihr wollt schleimigen Kleister statt einen Stampf mit Biss.
Während die Kartoffeln garen, schält ihr die Zwiebeln und schneidet sie in feine Würfel. Die schwitzt ihr im Öl glasig an. Fügt das zerstückelte Corned Beef dazu und lasst es unter ständigem Rühren in der Pfanne schmelzen. Vermengt die Zwiebeln und das Fleisch gut mit dem Kartoffelbrei. Noch einmal mit Salz und Pfeffer abschmecken und euer Labskaus ist fertig. Fast jedenfalls.
Pro Person müsst ihr noch ein Spiegelei braten, salzen pfeffern und wie einen Deckel auf den Kartoffel-Fleisch-Zwiebel-Stampf legen.
Gewürzgurken, Rote Beete und Rollmöpse könnt ihr hübsch auf jedem Teller drapieren oder getrennt wie zu einem Fondue servieren, so dass sich jeder nimmt, was er möchte. Die sauren Komponenten lassen mich jeglichen Wein als Begleiter ausschließen, aber ein frisches Pils oder zwei müssen sein. Und hinterher ein eiskalter Aquavit.
Labskaus-Varianten
Statt Corned Beef könnt ihr auch gepökeltes Rindfleisch nehmen. Das muss dann aber länger gekocht werden.
Zum Fisch im Stampf habe ich mich ja bereits geäußert. Ich mag es hier nicht, aber sonst schon. Die Kombination aus Fisch und Fleisch in einem Gericht ist ja weltweit bekannt – man denke nur an Paella oder an Surf ’n Turf.
Den Rollmops könnt ihr auch gegen einen Bismarckhering oder Matjes ersetzen.
Vielerorts wird die Rote Beete mit in den Stampf eingearbeitet. Dann ist das aber keine eingelegte Rote Beete, sondern gekochte – zum Beispiel die eingeschweißte aus dem Supermarkt.
So, ich habe es versprochen, vom Labskaus zu berichten und ich habe es eingelöst. Probiert es aus. Vielleicht werdet ihr es nicht lieben, aber dann wisst ihr wenigstens, warum.
Gekocht, geknipst, gefuttert und gelabert: Thomas Hobein
(Beim Schreiben gehört: „Der Tag am Meer“ von Die fantastischen Vier)