Feine Sache statt zäher Masse
Jeder in der Region kennt sein ultimatives Rezept für Kochkäse und hat mindestens noch eine leckere Alternative parat. Viele davon klingen äußerst viel versprechend. Und irgendwann muss man sich entscheiden, welches man ausprobiert. Wir haben uns für das von Chris Keylock entschieden und es in unserer Versuchsküche für Endlich! Gutes. ausprobiert.
Vor einigen Wochen in Südhessen: Unser erster Versuch selbst Kochkäse herzustellen war gnadenlos in die Hose gegangen. Aber so richtig. Zu flüssig und irgendwie sauer schmeckend war das Ergebnis ganz prima geeignet sofort weggeschüttet zu werden. Dabei waren wir nach Rezept aus einem roten Odenwald-Kochbuch vorgegangen und haben vielleicht sogar alle Anweisungen daraus befolgt. Also sehr vielleicht sogar, wenn man es nicht so genau nimmt.
Jetzt waren wir enttäuscht, zogen einen Flunsch, blieben aber neugierig. Wir fragten überall nach, was wohl schief gegangen sein kann. Und da Odenwälderin und Odenwälder sehr gern über ihren „Kochkäs“ sprechen, überfluteten uns schnell die Hinweise:
Man muss aufpassen. Ist nicht so einfach. Wir machen den nicht selbst. Man muss Schichtkäse nehmen. Und furztrocken muss der sein. So kurz vorm wegwerfen ist der erst richtig gut. Nicht über sechzig Grad erhitzen. Und Handkäse muss auch rein. Ist würziger. Quatsch. Am besten wird der mit unserer italienischen Konfitüre-Maschine. Meine Oma hat immer Quark genommen. Dann kommt die aus dem Odenwald? Nee, aus Ostpreußen.
Die Folge: Der Hessi-James-Effekt. Blut läuft uns aus dem Ohr, also gefühlt jedenfalls. Totale Verunsicherung ersetzt komplett das kulinarische Selbstvertrauen. Wir sehnen uns nach kochkäsefreien Fischbrötchen oder so. Doch dann passiert es. Stephan Koziol erzählt uns von einem jungen Koch, der seine Sommer in Güttersbach (gehört zur Gemeinde Mossautal) verbringt und dort im Schwimmbad den Kiosk betreibt. Das weckt unser völlig kochkäsefreies Interesse. Wir fahren sofort hin – natürlich nicht ohne uns zu verfahren – sagen Hallo und unterhalten uns.
Während des Gesprächs serviert uns Chris Keylock, so der Name des Kochs, eine Kochkäs-Stulle und alles ist plötzlich ganz anders. Alles ist so Hmmm. Es können auch mehr Ms gewesen sein, aber das ist das Kochkäse-Rezept, das wir haben müssen. Und … wir bekommen es. Chris schreibt es uns einfach zwischen Pommes-Braterei und Eintrittskarten-Verkauf auf einen Zettel und gibt uns auch etwas vom Maldon-Meersalz das er verarbeitet. Das Rezept probieren wir aus und nehmen die Fanfare vorweg: Es gelingt.
Kochkäse à la Chris Keylock
Ihr braucht dafür :
- 500 g Hüttenthaler Schichtkäse
- 7 g Natron
- 8,75 g Maldon Meersalz
- 30 g Hüttenthaler Butter
- 60 g Sahne
- 1 Eigelb
Und so geht es:
Verrührt Schichtkäse und Natron mit dem Meersalz und lasst die Masse bei Zimmertemperatur etwa für drei Stunden ruhen. Dann gebt ihr Butter und Sahne dazu und erhitzt unter ständigem Rühren alles bis auf etwa 65° Celsius. Hebt das Eigelb darunter. Fertig.
Doch so gut ein Kochkäse auch ist, die Musik veredelt ihn.
Dafür benötigt ihr:
- 1000 ml klaren Apfelsaft
- 80 ml feinen Apfelessig
- 50 ml weißen Balsamicoessig
- 40 g Rohrzucker
- 10 g mildes Meersalz
- 200 ml hochwertiges Sonnenblumenöl
- 100 ml kalt gepresstes Olivenöl
- Pfeffer aus der Mühle
- 5 rote Zwiebeln
Und hier spielt die Musik:
Lasst den Apfelsaft auf möglichst kleiner Flamme (gut Ding will Weile haben, so bleiben die Aromen erhalten) auf etwa 200 Milliliter einköcheln. Anschließend muss die Reduktion auf Zimmertemperatur abkühlen. Inzwischen schält ihr die Zwiebeln und schneidet sie in feine Ringe. Dann mixt ihr alle Zutaten unter die Apfelsaftreduktion und legt die Zwiebeln darin für etwa eine Stunde ein. Und fertig ist die musikalische Vinaigrette. Vielleicht gebt ihr noch einige Schnittlauchröllchen darüber, aber das ist die Kür.
Noch ein Hinweis: Wir haben keine Küchenwaage mit der sich 8,75 Gramm abwiegen lassen, aber mit ein wenig Augenmaß bekommt ihr das schon hin. Dazu Chris Keylock: „Je nach gewählten Grundprodukten können die Mengen leicht variieren und es ist Fingerspitzengefühl gefordert die richtige Balance zwischen Süße und Säure zu finden. Probieren und abschmecken lohnt!“
So, bleibt noch euch gutes Gelingen zu wünschen. Und mehr über Chris Keylock – den Koch der im Schwimmbad in Güttersbach übersommert – und seine feinen Ideen für regionale Produkte demnächst hier. Hier auf endlichgutes.de
Die Bilder sind in der Küche von Thomas Hobein entstanden.
(Beim Kochen und Schreiben gehört: „Modern Life Is Rubbish“ von Blur)
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Weiteres über und Rezepte von Chris in unserem Blog findet Ihr hier:
„Unser neuer Chef“
„Laudenauer Weihnachtsgans“
„Ein Weihnachtstraum“
„Fish ’n Chips“
„It’s a Man’s World“
„Der Beckenrand Hotdog“
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Unsere Versuchsküche für Endlich! Gutes. ist kein fixer Ort sondern wohl eher eine fixe Idee. Trotzdem! Und erst recht. Hier versuchen wir Amateure uns an der regionalen, saisonalen Küche. Auch wenn wir hier und da scheitern werden. Also seht, lest, interpretiert und probiert. Aber macht was draus. Und sagt uns was dabei herausgekommen ist.
Wichtig: Hinweise zur Verbesserung unserer Vorschläge nehmen wir gerne entgegen aber nur fast so gerne wir lobende Worte.
Pingback: Unser neuer Chef | Endlich! Gutes.
Pingback: Fish & Chips | Endlich! Gutes.
Auch hier ein grosses Lob. Nur mit der Salzmenge hatte ich so meine Probleme. Trotz Original-Maldon Salz. 8,75 Gramm daheim abwiegen geht ja gar net. Beim Abschmecken war es dann immer recht wenig gesalzen, bis es spontan in recht salzig umgeschlagen ist. War aber trotzdem lecker. Auch den Gästen hat es geschmeckt.
Ehrlich gesagt, so genau wie Chris es vorgegeben hat, kann ich das natürlich auch nicht abwiegen. Aber irgendwie hat es geklappt. Und schön, wenn der Koch gut ankam.
Najaaa…
Heute mal dieses Rezept getestet. Das Maldon Salz versucht in GB zu bekommen. Hoffnungslos !!! Aber es gibt ja das A-Warehouse. Innerhalb von einem Tag kam das Salz an. Habe dann vorab den Schichtkäse schön abtropfen lassen.
Für 1kg Schichtkäse das Natron nach Rezeptur zugefügt. Mit den 2x 8,75 Gramm war ich sparsamer. Für 10 Gramm habe ich mich entschieden. Mein Kochkäse Rezept kommt OHNE Salz aus. Sahne und Butter habe ich auch etwas reduziert. Der Kalorien wegen… Die Kenwood hat dann alles schön vermischt und auf Temperatur gebracht. Zwischendurch mal den Löffel reingehalten und ohje, sehr salzig und sehr dünn. Knappe 10 Gramm Salz für 1 Kilo Schichtkäse ist schon viel zu viel !!!
Und von der Konsistenz ist der Kochkäse sehr sehr dünn. Kenne ich anders. Gleicht einem Käsesüppchen. Aber geben wir dem Käse mal ne Chance wenn er kalt und etwas gereift ist. Aber schon jetzt… Viel zu salzig und bei 2x 8,75 Gramm, eindeutig versalzen.
Aber die Geschmäcker sind ja verschieden.
Ich mach dann mal die Vinaigrette fertig für die Zwiebeln. Liest sich gut…
Gruß Uwe
Hallo Uwe,
erstmal finde ich super, dass du dich dem Rezept in unserem Blog so ausgiebig widmest. Das es nicht so recht geklappt hat ist dagegen Käse, wenn du das Wortspiel verzeihst. Du siehst aber weiter unten in einem Kommentar, dass es auch schon funktioniert hat – so wie auch bei uns. Diese Rezeptur war im Beckenrandkiosk im Güttersbacher Schwimmbad der Renner zu Pommes.
Mir selbst ist ein Kochkäse-Versuch (andere Rezeptur) auch schon mißlungen – auch zu dünnflüssig. Darüber habe ich mich auch vor einem Jahr mit dem Herrn Rettig von der Odenwälder Kochkäserei unterhalten. Der wird nämlich auch oft von versierten Kochkäsezubereiter/innen – also erfahrenen Hausfrauen – mit diesem dünnflüssigen Umstand konfrontiert. Seiner Meinung entsteht dieses Problem bereits bei der Volldampf-Pasteurisierung in den „so-zukunftsweisenden Molkereien“. Unser Rezept setzt auf den Schichtkäse aus der Molkerei Hüttenthal. Dort wird die Milch wird weder homogenisiert noch ultrahocherhitzt, sondern bewusst schonend pasteurisiert.
Zum Maldon-Salz: Ich habe mein letztes bei Karstadt gekauft – ist aber schon etwas her. Chris als halber Engländer schwört auf diese britische Variante des fleur de sel, aber die französische tut es auch.
Ich selbst bin aber kein Koch, deshalb leite ich deinen Kommentar an den Macher. Küchenmeister Keylock, weiter – der weiß bestimmt Rat. Wir melden uns mit – hoffentlich – Erkenntnis
Morsche Thomas,
nichts für ungut und ich möchte auch nicht jemanden angreifen. Heute früh habe ich den Käse aus der Kühlung geholt und meine Frau probierte. Wie gesagt, zu salzig, zu dünn. Das mit dem Schichtkäse hat mich nachdenklich gemacht. Habe bisher immer den von REWE genommen und das hatte auch auch mit meiner Rezeptur funktioniert.
Am Salzgeschmack kann man(n) arbeiten. Nehme überhaupt kein Salz mehr. Ich muss eh gleich nach Rimbach fahren und auf dem Rückweg halte ich in Hüttenthal an und kaufe ein. Kann sein das es der Käse macht…
Die Musik schmeckt prima. Mal ein anderer Geschmack.
Gruß Uwe
Hallo Uwe,
ich habe mal mit unserem Chef telefoniert und ihm deinen Kommentar weitergeleitet. Ihm selbst ist es auch schon passiert, dass eine Ladung zu dünnflüssig war – dann war immer die Temperatur zu hoch oder die Bewegung nicht konstant – muss immer in Bewegung sein, sonst wird die Temperatur an den Stellen, wo die Masse mit dem Topf zusammenkommt, sofort zu hoch.
Aber da du die Mengen der Zutaten verändert hast, lässt sich ein anschließende Antwort nicht geben, da Butter und Sahne ebenfalls für die Konsistenz des Kochkäses ausschlaggebend sind. Aber auch er empfiehlt ganz klar Schichtkäse aus Hüttenthal und auch die Sahne, die schon viel dickflüssiger ist als herkömmliche Produkte aus dem Supermarkt.
So, ich hoffe, wir konnten ein wenig Licht ins Dunkel bringen und freuen uns mit dir, wenn es klappt.
Gruß aus Darmstadt
Thomas