Lecker Lesen
Seit Wochen muss man sich einen Stollen durch die Verbrauchermärkte graben, um sich durch wahre Waren-Gebirge aus Christstollen und Co. einen Weg zu bahnen. Was uns die Händler damit sagen wollen, ist »Hallo, Ihr Hirnchen, es ist schon wieder Weihnachten. Zeit fürs Festtagsfutter«. Und da überkommt mich fast ein wenig (aber wirklich nur ein ganz kleinwenig) Panik, zu spät dran zu sein – mit meinen Geschenk-Tipps für geistige Nahrung zum Thema Nahrung.
Also fische ich mal vier Bücher aus meinem Regal und staube sie brav ab, um sie euch zu präsentieren. Echt fette, überladende Schinken sind nicht dabei, meine Vorschläge zählen eher zur hochwertigen und übersichtlichen Nouvelle Cuisine der kulinarischen Literatur. Darunter ist nur eine Neuerscheinung, aber alle Werke sind im Handel problemlos zu ershoppen. Also los.
Der Kartoffelkönig
Beginnen möchte ich mit »Der Kartoffelkönig« von Christoph Niemann. Diese Bilderbuch steht schon einige Jahre in meinem Regal, aber als einer der noch wenigen lebenden Anhänger des Kartoffeldrucks ist es für mich eine Herzensangelegenheit. Und hinsichtlich der gerade hinter uns liegenden Kartoffelwochen im Odenwald und an der Bergstraße ist es sozusagen auch brandaktuell.
In dem querformatigen Bilderbuch erzählt der Illustrator von der Einführung der Kartoffel als Grundnahrungsmittel durch Friederich II., auch als »Der alte Fritz« bekannt. Zu seiner Zeit, war die Kartoffel längst aus Amerika in Europa gelandet. Aber die Bauern weigerten sich, sie anzubauen, weil sie die Knolle nicht kannten. Und was der Bauer bekanntlich nicht kennt, das … nun, ihr wisst schon. Also ließ sich der Preußenkönig einen Trick einfallen, um die sperrigen Landwirte zu überzeugen.
Und genau davon erzählt Christoph Niemann, in knappen Worten und mit viel Kartoffeldruck. „Der Verlag schreibt dazu: „Die Idee ist so naheliegend, dass bisher niemand darauf gekommen ist – außer dem genialen Christoph Niemann.“ Und so isses auch.
Titel: Der Kartoffelkönig von Christoph Niemann
Verlag: Jacob & Stuart
ISBN: 978-3-941087-49-1
Preis: 12,95 €
Brot in der Not
Mit vielerlei Hinweisen für die eigene Brotversorgung ohne Strom, mit wenigen Zutaten und ohne Zubehör nebst Ratschlägen für die sinnvolle Bevorratung mit Brot.
So steht es auf dem Titel des sorgfältig gestalteten Handbüchleins von Brotback-Koryphäe Lutz Geißler, dass im Sommer 2022 erschienen ist. Auf seiner Website ploetzblog.de tummeln sich längst Tausende von Back-Interessierten und holen sich Tipps für Zuhause. Der backende Geologe hat bereits einige Bücher zum Thema geschrieben und jetzt eben eins zum kulinarischen Krisenmanagement für diese denkwürdige Zeit. Aber nicht nur für Notfälle bietet das Buch konkrete Praxis-Tipps, sondern auch für Camper und alle, die sich gern draußen in der Natur herumtreiben.
Nun bin kein regelmäßiger Brotbäcker, aber ein studierter Designer. Und da möchte ich einfach mal sagen, Hut ab. Das Büchlein kommt deshalb ganz ohne Illustrationen aus, weil es sehr sorgfältig typographiert ist, was heute überhaupt nicht selbstverständlich ist. Auch die grafischen Konzeption überzeugt, denn es erinnert an diese kleinen praktischen Ratgeber aus längst vergessenen Zeit, die nicht ins Bücheregal gehörten, sondern in die Hosentasche. So schreibt das übrigens auch der Verlag: „Dieses Buch sollte in keiner Hosentasche fehlen. Und so isses auch hier.
Titel: Brot in der Not
Von: Lutz Geißler
Verlag: Orgshop GmbH
Seiten: 80 Seiten
ISBN: 978-3-98-617033-2
Preis: 16 €
Nanettes Kochbuch
Die gesammelten Rezepte einer Landbäuerin
Nanette Herz ist in diesem Artikel gleich zweimal vertreten. Zuerst widme ich mich mal »Nanettes Kochbuch«, dass 2021 als bestes Kochbuch für Deutsche Küche ausgezeichnet wurde.
Nanette Herz (*1927) war eine fränkische Bäuerin, Hauswirtschafterin sowie Wirtin und Köchin eines Gasthofs, die ihre Rezepte aufschrieb und der Familie hinterließ. Aus dieser reichhaltigen Zettelwirtschaft entstand in Zusammenarbeit von Familie und Verlag ein wirklich tolles Kochbuch. Darin versammelt sich die ganze Bandbreite traditioneller, regionaler Hausmannskost. Doch neben den rund einhundert Rezepten – von der Brotzeit über deftige Gerichte bis hin zum Nachtisch und Gebäck – erwecken Anekdoten, handschriftliche Rezepte, Notizblätter, Bilder aus ihrem Leben und vieles mehr Nanette zum Leben. Und es macht einen Riesenspaß sie kennenzulernen.
Ich habe ja inzwischen jede Menge Bücher rund ums Kochen, aber selten schnappe ich mir eins, um einfach nur darin zu blättern und mich inspirieren zu lassen. Im Falle von »Nanettes Kochbuch« sieht das ganz anders aus. Schon der Leineneinband macht das Buch zum haptischen Vergnügen und innen drin ist es liebevoll gestaltet und typografiert. In den Fotografien findet sich die visuelle Entsprechung der Landküche. Nicht überbordend bunt und vollgepackt wie heute üblich, sondern erdig und sparsam präsentieren sie Gerichte wie im Wirtshaus oder auf dem Bauernhof.
Wer für die Deutsche Küche und für schöne Bücher schwärmt, sollte zwei Exemplare dieses Buches kaufen – eins zum Verschenken und eins ganz für sich selbst.
Titel: Nanettes Kochbuch
Verlag: ars vivendi
ISBN: 978-3-74-720295-1
Preis: 25,00 €
Nanettes Backbuch
Die gesammelten Rezepte einer Landbäuerin
Wer Nanette Herz war, wisst ihr ja jetzt bereits. Ihr Backbuch, das übrigens zuerst erschien, versammelt weitere 120 Rezepte, darunter Zuckersüßes und herzhaft Würziges. Es wurde durch die »Gastronomische Akademie Deutschland« als besonders empfehlenswertes Buch mit der Silbermedaille ausgezeichnet.
In Konzept und Aufmachung gleicht es dem hinreißenden Kochbuch und präsentiert Rezepte und das Leben der »Autorin« auf vielfältige Weise. Würde ich nicht schon beide Bücher besitzen, würde ich sie haben wollen. Und – ich weiß, über Geld spricht man nicht – aber zu dem Preis und in der Qualität gibt es nicht viel zu überlegen.
Titel: Nanettes Backbuch
Verlag: ars vivendi
ISBN: 978-3-74-720089-6
Preis: 20,00 €
Ihr Lesefutterratten habt sicherlich gemerkt, dass ich mir bei allen vorgestellten Büchern neben den Inhalten auch deren Konzeption und Gestaltung genau angesehen habe. Schließlich sollen sie unter dem Weihnachtsbaum begeistern. Und wenn jemand eins dieser Bücher auspackt, soll sie/er nicht sagen »Ah, ein Kochbuch«, sondern »WOW, was für ein Kochbuch«. Das ist wichtig, den ihr wisst ja »Das Auge isst mit”.
Nicht vergessen: Unterstützt den lokalen Buchhandel
Fotografie: Thomas Hobein
(Beim Blättern, Fotografieren und Schreiben u.a. mal wieder gehört: „Summer Sun“ von Koop )