Seit Anfang des Jahres 2022 zieht Jannik Jährling die Fäden im Darmstädter Weingut Feligreno mit Flächen in Seeheim, Zwingenberg und Auerbach an der Hessischen Bergstraße. Und ich wollte mal wissen, wie es denn so läuft.

Vor rund einem Jahr traf ich den Jährling – also im September 2021, um genau zu sein – um mit ihm über sein Vorhaben zu sprechen, das Weingut Feligreno zu übernehmen. Inzwischen sind aus Plänen Tatsachen geworden. Gerold Hartmann hat das Weingut übergeben und Jannik Jährling ist Inhaber und Betreiber der Feligreno Bio-Weinbau UG mit Sitz in Darmstadt. Neugierig, wie ich nun mal bin, habe ich kurz bei der Riesling-Lese in Zwingenberg vorbeigeschaut und später am Telefon den Jung-Winzer mit meinen Fragen überhäuft.

»Feligreno – das ist ein schönes Lebensgefühl«

Das antwortet er auf meine Frage nach seinem ganz persönlichen Befinden und ergänzt: „… die beste Entscheidung ever. Natürlich ist jeder Tag eine neue Herausforderung, doch du siehst einfach, was du schaffst.“

Auch wenn er das Weingut sozusagen als Alleinunterhalter betreibt, steht er nicht allein da. Wie bereits in unserem letzten Gespräch kommt er schnell auf die Unterstützung durch seine Familie und insbesondere durch seine Freundin Marie zu sprechen. Und die Art und Weise, wie er darüber spricht macht sehr deutlich, wie wichtig ihm das ist.

„Und der Gerold (Hartmann) ist ja auch noch da. Den beschäftige ich ganz offiziell als Aushilfe.“ Das Grinsen ist deutlich durch das Telefon zu hören als er das sagt. Dann fährt er ernster fort: „Und der steht mir mit seiner ganzen Erfahrung zur Seite, hält sich mit seiner Meinung nicht zurück, aber – und das ist cool – er lässt mich machen.“

»Vom kulinarischen Dreiklang« – so hatte ich das letzte Interview überschrieben, weil Jannik Jährling gelernter Koch ist und auf dem Weg zum Winzer und Sommelier war. Und jetzt interessiert mich natürlich, ob er das alles immer noch macht. „Im Prinzip konzentriere ich mich ganz auf Feligreno. Koch bin ich momentan nur noch gelegentlich, also im Prinzip nur privat und hier während der Lese natürlich für die Erntehelfer. Als Sommelier steht noch die Prüfung aus.“ Nun, das klingt für mich, als ginge alles seinen Gang. Kommen wir also zum Weingut.

» Feligreno bleibt Feligreno. Wird aber auch spürbar frischer«

»Das Neue dringt herein mit Macht« heißt es in Schillers »Wilhelm Tell« und im Falle des Weingutes wird das schnell deutlich, wenn ihr mal ins Internet blickt. Da findet ihr aktive Accounts auf Instagram und Facebook;  auch eine komplett neue Website steht im Netz. Kurz, die Außenwirkung präsentiert sich jetzt erheblich jünger und plakativer.

„Ja, vieles ist neu, aber längst noch nicht fertig. Auf der Website fehlen noch viele Informationen, die nach und nach ergänzt werden. Wichtig war mir aber zuerst, dass der Shop schnell online war. So werden die Bestellungen im Internet vereinfacht bzw. überhaupt erst möglich.“

Doch Jannik Jährling will insgesamt aktiver auf die Wein-Interessierten zugehen: „Nicht nur im Internet soll Feligreno jünger und extrovertierter wahrgenommen werden. Da gibt es einige Baustellen. Zum Beispiel neue Etiketten. Und auf dem Bauermarkt an der Orangerie in Darmstadt biete ich jetzt auch gekühlten Wein an. Aber immer eins schön nach dem anderen.“

Wo kann man deinen Wein überhaupt kaufen oder trinken, will ich wissen. Er startet mit einer echten Erfolgsmeldung: „Mit meinem »Chardonnay „Hefetrüb“ 2020 Starkenburger Landwein« habe ich den Sprung in die Sternegastronomie geschafft. Der ist im Darmstädter »Ox« richtig gut angekommen. Das hat die Nachfrage so angekurbelt, dass er inzwischen auch ausverkauft ist. Aber die meisten Kunden sind Privatleute, die direkt bei mir kaufen. Wie gesagt, jetzt auch online, aber auch auf dem Bauernmarkt an der Orangerie in Darmstadt oder in Zwingenberg auf dem Abendmarkt, wo ich mir einen Stand mit den Weingütern Simon-Bürkle und Faber teile.“

„Und dann ist da ja auch noch die Solidarische Weinwirtschaft.“ Feligreno ist eins der ersten Weingüter, die das Modell der Solidarischen Landwirtschaft auf den Wein übertragen haben. „Da beteiligt sich inzwischen ein bunter Querschnitt durch die Gesellschaft“, sagt Jannik. „Darunter sind Ehepaare, aber auch eine WG – alles Leute, die Lust auf Bio-Wein und Spaß daran haben, auch mal mitanzufassen. Ich finde sehr gut, dass sich hier interessierte Menschen einbringen. Und macht meinen Job wirtschaftlich auch kalkulierbarer. Kurz – das läuft.“

»Reden wir endlich über Wein«

Was er ändern möchte, will ich wissen oder ob es schon Änderungen gibt. „Nun da ist zum ersten die Feststellung dass Feligreno vorerst wohl das einzige bio-zertifizierte Weingut an der Hessischen Bergstraße bleibt.“ Darauf möchte er sich aber nicht ausruhen, sondern sich weiterentwickeln.

„Ich möchte das Portfolio erweitern und neue Wege ausprobieren“, beginnt er. „Auf der neuen Fläche im Auerbacher Fürstenlager baue ich zum Beispiel Sauvignon Blanc und Gewürztraminer an. Über den naturtrüben Chardonnay habe ich bereits erzählt und in dieser Richtung möchte ich in Zukunft einiges probieren.“

Er spricht über den Ausbau von Naturwein und Spontanvergärung, seine Partnerschaft mit dem Guntersblumer »Bio-Weingut Geheimrat Schnell«, sagt aber auch: „Selbstverständlich biete ich weiterhin auch gängige Sorten wie »Roter Riesling« in Bio-Qualität an. Weine eben, die meine Stammkunden schätzen.“ Als ich das so höre, denke ich mal wieder an Fußball-Lehrer Otto Rehagel und seine »Kontrollierte Offensive«.

»Jetzt muss erstmal alles seinen Gang gehen«

Ich bin wie immer daran interessiert, wie meine Gesprächspartner ihre Zukunft sehen, was sie sich erhoffen und gern machen würden. Also frage ich auch Jannik danach. Und wir unterhalten uns eine ganze Weile über seine Ideen und Wünsche. Darüber wie das Kochen wieder ins Spiel kommen kann, wie Feligreno sich entwickeln soll und … und … und. Da geht einiges in seinem Kopf vor, doch er bleibt dabei durchaus realistisch, denkt sogar in Zehnjahresschritten, aber »Jetzt muss erstmal alles seinen Gang gehen«

Ob er denn noch einen ganz konkreten Wunsch hat, das ist meine letzte Frage. Und er antwortet, dass ich den Namen seines Weingutes in Zukunft richtig schreiben soll, nicht so wie auf Instagram und Facebook. Nun, dem Mann kann geholfen werden. Feligreno ist jetzt korrekt in den Posts geschrieben und ich gelobe Besserung. Hier am Telefon in meinem Büro. Im Darmstädter Johannesviertel. In Hessens nicht ganz so tiefem Süden.

Mehr über Feligreno auf Endlich! Gutes.

Vom kulinarischen Dreiklang
Mit Jannik Jährling bei einem Gläschen Wein

Solidarische Weinwirtschaft
Das BioWeingut Feligreno geht neue Wege

Fotografie: Thomas Hobein

(Beim Blättern, Fotografieren und Schreiben u.a. mal wieder gehört: „Summer Sun“ von Koop )