Kulinarische Abenteuer im Odenwald und an der Bergstraße

Welsh Rarebit mit Lauch-Topping

und ein Comic über Albträume, die ein Käsetoast verursacht

1975 erschien im Darmstädter Melzer Verlag der Comic »Die sonderbaren Träume des Feinschmeckers, der immer nur Käsetoast aß«. Dieser dem Jugendstil verbundene Comic aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts kam mir wieder in den Sinn als ich auf arte einen Beitrag zum Welsh Rarebit sah. Grund genug für mich wieder einmal diesen Comicband aufzuschlagen und einen Käsetoast nach Waliser Art – einen Welsh Rarebit eben – unter den Grill zu schieben, der keine Albträume verursacht.

Beim Stöbern in der arte Mediathek stieß ich auf die Sendung »Zu Tisch in Snowdonia« und erfuhr vieles über die Bedeutung von Lauch und Algen in der walisischen Küche sowie über den Welsh Rarebit, den walisischen Käsetoast. Dabei kam mir ein alter Comic-Band in den Sinn, der seit Jahrzehnten hilft, mein altes Bücherregal zu stabilisieren.

 

»Die sonderbaren Träume des Feinschmeckers, der immer nur Käsetoast aß«

»Dreams of a Rarebit Fiend«, wie der Comic im Original heißt,  stammt aus der Feder von Zenas Winsor McCay, 1871 – 1934, einem amerikanischen Comiczeichner und Pionier des Zeichentrickfilms. Sein bekanntestes Werk war sicherlich »Little Nemo in Slumberland«, das seinen festen Platz in der Popkultur fand und sogar Genesis zu dem Song »Scenes From A Night’s Dream« inspirierte. Parallel zu Nemo zeichnete McKay von 1904 – 1913 »Dreams of a Rarebit Fiend«  und verwendete später auch einige Episoden für Zeichentrickfilme.

Wie Nemo fällt auch unser Käsetoast-Gourmand am Ende jedes Onepagers (Comicgeschichten von der Länge einer Seite) nach einem furiosen Albtraum aus dem Bett – nur dass hier immer der Toast die Albträume verursacht hat.

Stilistisch sind die Zeichnungen eng mit dem Jugendstil verbunden und wenn dann noch ein ehemaliger Darmstädter Verlag das Werk publiziert – ja dann kann man durchaus von einem regionalen Bezug reden.

Exkurs: Auch die Mathildenhöhe bot für (mindestens) einen Comic die Kulisse. In den Siebzigern tauchte das Ernst Ludwig-Haus in »Planet der Affen« als futuristisches Ambiente auf.

 

Jetzt aber zur britischen Käsestulle

Das einstige Armeleute-Essen Welsh Rarebit ist im Grunde eine getoastete Scheibe Brot, überbacken mit Käse. Es wurde schon im 18. Jahrhundert erwähnt. Der Name »rarebit« soll eine Ableitung von »rabbit« sein. Einer Legende nach soll der Name entstanden sein, weil die Engländer ihren westlichen Nachbarn unterstellten, nicht einmal Kaninchen fangen zu können – but, who knows.

Die Zutaten variieren in den Rezepturen, doch meistens werden regionale Käse aus Wales oder Cheddar, dunkles Bier und Senf verwendet.

Aber, so denke ich, sind zwei für die Nordseeinsel  typische Ingredienzen unerlässlich. Colman’s Senfpulver (der Kauf lohnt sich, denn das passt auch prima in viele andere Gerichte) und Worcestershire Sauce, von Leuten, die Gnotschis essen, auch Worschestersosse genannt. Beides verleiht dem Käse den kulinarischen Brit-Style.

 

Welsh Rarebit mit Lauch-Topping

Ich habe eine Menge Rezepte gegoogelt. Selbstverständlich habe ich mir auch die Anleitung im Comic angesehen, bin aber dann doch beim Rezept aus der arte-Sendung gelandet – und habe es leicht abgewandelt. Ich verwende ein dunkles Bock-Bier aus dem Odenwald und nehme die Lauchstreifen aus dem Topf wenn sie noch ein wenig Biss haben. Auch die Mengenangaben habe ich meinem Geschmack angepasst.

Außerdem habe ich festgestellt, dass die Käsemasse viel besser auf dem Toast zu platzieren ist, wenn man sie bereits am Vortag herstellt.

 

Meine Einkaufsliste für vier mächtige Welsh Rarebits

  • 70 g Butter
  • 1-2 EL Mehl
  • 1 TL Senfpulver (scharf)
  • 1 TL Cayennepfeffer
  • Worcestershire Sauce, seid nicht geizig
  • 200 ml Doppel-Bock Dunkel von der Privat-Brauerei Schmucker
  • 400 g würzig-herzhafter Cheddar-Käse, gerieben
  • 4 große, also wirklich große Scheiben kräftiges Bauernbrot
  • 2 Stangen Lauch

Los geht’s mit der Käsemasse

Zuerst stellt ihr die Grundlage für eine Mehlschwitze her. Lasst dazu etwa 40 g der Butter im Topf zergehen und rührt das Mehl ein. Rühren, rühren, rühren, bis das Mehl leicht Farbe annimmt. Es soll aber nicht zu stark bräunen. Dabei hebt ihr das Senfpulver und den Cayennepfeffer unter. Gießt dann das Bier und einen außerordentlich ordentlichen Schuss Worcestershire Sauce an.

Jetzt ist die Stunde des geriebenen Käses gekommen. Rührt ihn nach und nach ein. Wenn eine homogene, aber noch recht flüssige Masse entstanden ist, füllt ihr die in eine flache Form und lasst sie erkalten.

 

Ein Welsh Rarebit nimmt Form an

Weiter geht es wenn der Käse eine an Marzipan erinnernde Konsistenz erreicht hat (wie gesagt dauert das wesentlich länger als die dreißig Minuten des arte-Rezepts).

Wascht den Lauch und schneidet ihn in feine Streifen. Dann dünstet ihr in der restlichen Butter bis er euren ganz persönlichen Al-Dente-Status erreicht hat.

Währenddessen toastet ihr die Brotscheiben und lasst sie leicht abkühlen. Im Anschluss verteilt ihr die Rarebit- Masse gerecht auf die Brote indem ihr sie gleichmäßig darauf drückt bis die Scheiben komplett bedeckt sind. Die so vorbereiteten Stullen grillt (Grillfunktion) ihr im Ofen bis der Käse goldbraun ist und Blasen wirft.

Abschließend würzt ihr die gegrillten Stullen noch einmal nach Belieben mit Worcestershire Sauce. Ich ritze dazu den Käse mit einem Messer ein, dann rutscht sie Sosse nicht gleich wieder vom glatten Käse. Jetzt fehlt nur noch euer lauch-Topping und etwas frischer Pfeffer aus der Mühle.

Haut rein. Ich trinke dazu übrigens eine Flasche Doppelbock Dunkel aus der Privatbrauerei Schmucker. Mindestens.

 

Fotos: Thomas Hobein

(Beim Käsetoast-Mampfen u.a. gehört: »It’s Not Unusual « gesungen vom walisischen Tiger Tom Jones, geschrieben von  Les Reed und Gordon Mills und nicht etwa von Horst Lichter und Jahann Lafer)

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