Kulinarische Abenteuer im Odenwald und an der Bergstraße

Noch vier Stullen meiner Kindheit

Mehr jugendliche Torheiten eines kulinarischen Abenteurers (3)

Begleitet mich noch einmal auf einer Zeitreise in die 60er zu den Stullen meiner Kindheit. Als sich die Menschen noch gehörig anders ernährten als heute. Als noch niemand auf die Idee kam, auf Süßes zu verzichten, weil das schon damals keiner wollte.  Als alles noch seht pur war, was da so auf die Butter kam, die übrigens in der städtischen Molkerei erzeugt wurde und nicht etwa in Irland.

Das Butterbrot mit Honig

Die gebutterte Honigstulle zählt bis heute zu meinen Frühstücks-Standards. Als Kind bevorzugte ich aber Kunsthonig, weil der ganz straight einfach nur süß war. Der Kunsthonig heißt jetzt aber Invertzuckercreme und da schmeckt ja schon der Name nach Nestlé und Konsorten. Warum Kunsthonig übrigens nicht mehr Kunsthonig heißen darf, aber ein Mettigel durchaus vergan sein kann, muss mir bei Gelegenheit mal einer der dafür verantwortlichen Debilfundamentalisten aus der Politik erklären.

Das Nutella-Brot

Die Nutella-Stulle war über eine geraume Zeit für mich eher die Käpt’n-Nuss-Stulle, weil die mit Comics in »Fix und Foxi« beworben wurde. Und das schmeckt ja dann bekanntlich besser. Aber wichtig war ohnehin, was unter die braune Schmiere kam. Eine Scheibe Graubrot, nicht zu dick, darauf erstmal eine schöne Schicht Butter und erst dann Nuss-Nougat-Creme. Weißbrot ohne Butter darunter ging gar nicht, geht gar nicht und wird niemals gehen. Und in diesem Zusammenhang noch an alle jungen Paare, die auch darüber streiten, ob Nuss-Nougat-Creme nach Anbruch des Glases im Kühlschrank gelagert werden soll oder nicht: Nun, das hängt davon ab, wer von euch mehr Durchsetzungsvermögen mitbringt.

Die Sirup-Stulle

Zuckerrübensirup, Rübenkraut oder Rübensaft, im Supermarktregal bis heute als »Grafschafter Goldsaft – Der herzhaft-süße Brotaufstrich« getarnt, hieß bei uns nur Sirup. Dass es noch andere Sirupse gibt, wusste ich als Rotzlöffel noch gar nicht. Und es wäre mir wahrscheinlich auch total egal gewesen. Interessanter dagegen war die Einnahme der zähflüssigen Masse.

Meine Mutter wollte mir immer eine recht archaische Weise nahebringen. Dazu hatte man ein Graubrot in dicke Würfel mit einer Kantenlänge von mindestens zwei Zentimetern zu schneiden, selbige einzeln, ohne Butter auf eine Gabel zu spießen und dann in den teerähnlichen Schmodder in der gelben Pappschachtel zu tunken und das so entstandene Werk flugs einzuführen, damit der Brotwürfel nicht in Tunke rutschen tut (siehe das Fondue in Asterix bei den Schweizern). Ich bevorzugte dagegen – und tue dies auch noch heute – eine gebutterte Scheibe grauen Brotes unter dem Sirup. Das erfordert weitaus weniger Geschick und punktet durch die Butter.

Das Brote mit Frucht-Gelee

Frucht-Gelee (hier Quitte) auf gebuttertem Weißbrot hatte und hat gegenüber Marmelade auf demselben einen klaren Nachteil: »das-vom-Brot-glitschen«. Da willste gerade mal so mit Schmackes reinbeißen und … GLITSCH … alles auf der Hose, nix im Mund. Aber trotzdem mochte ich im zarten Knabenalter Gelee viel lieber als Marmelade. Denn wichtig war: Keine Stücke. Außer bei Pflaumenmus. Da durften Stücke. Aber bitte auch da nicht zu viele. Außerdem erinnert sich der Comicleser in mir mich an: »Werner stand vor einem Flipper und aß ein Brot mit Glibber«. Aber das war erst in den frühen Achtzigern.

Fotos: Thomas Hobein

(Beim Erinnern u.a. gehört: »Happy Together« by The Seeker)

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