Laudenauer Weihnachtsgans
Sie braucht ihre Zeit – die Gans. Aber es lohnt sich. Und besonders, wenn sie an einer Süßweinsoße, begleitet von Apfelwein-Thymian-Kraut und gefüllten Kartoffelknödeln mit Haselnuss-Schnittlauch-Schmelze serviert wird.
Bei diesem Gericht kommt der Appetit ganz sicher nicht erst beim Essen, sondern schon beim Machen. Überfallartig fängt dein Magen an zu knurren, wenn die Gans zu brutzeln beginnt und er beruhigt sich erst wieder, wenn du isst. Aber bis es soweit ist, gibt es einiges zu tun und wie gesagt, sie braucht ihre Zeit – die Gans.
Ihr braucht je nach Appetit für 4–6 Personen:
Für die Laudenauer Weihnachtsgans:
- 1 küchenfertige Gans, ca. 4,5 Kilogramm
- 4 rote, mittelgroße Zwiebeln
- 3 Odenwälder Äpfel
- 1 unbehandelte Orange
- 1 EL Tomatenmark
- 0,5 l roten Süßwein
- 1,5 l Gänsefond oder Gemüsebrühe
- etwas Stärke, Sternanis, Lorbeerblatt, Salz, Pfeffer, Thymian
Für das Apfelwein-Thymian-Kraut:
- 1 Weißkohl
- 4–6 Schalotten oder kleine Zwiebeln
- 1 Knoblauchzehe
- 50 g braunen Zucker
- 500 ml Odenwälder Apfelwein
- 8–10 Thymian-Zweige
- 1 roten Odenwälder Apfel
- 80 g Hüttenthaler Butter
- Rapsöl, Apfelessig, Salz, Pfeffer, Chili gemahlen
Für die gefüllten Kartoffelknödel:
- 200 g Hagebuttenkonfitüre
- 3 EL Umstädter Winzeressig
- 5 Blätter Gelatine
- etwas Meersalz
- 2 kg mehlig kochende Kartoffeln
- 160 g Kartoffel- oder Maisstärke
- Salz, Pfeffer, Muskatnuss
Für die Haselnuss-Schnittlauch Schmelze:
- 200 g Hüttenthaler Butter
- 150 g gemahlene Haselnüsse
- 1 Bund Schnittlauch
- Meersalz
Habt ihr alles? Dann ab in die Küche. Morgen gibt es Gans à la Keylock.
Bereitet am Vortag die Hagebuttenfüllung für die Klöße vor. Dazu weicht ihr zuerst die Gelatine in kaltem Wasser ein. Dann erwärmt ihr die Hagebuttenkonfitüre mit dem Essig (nicht kochen), rührt die eingeweichte Gelatine unter das warme Gemisch und würzt alles mit einer Prise Meersalz. Schließlich friert ihr die fruchtige Füllung in leicht gefetteten Eiswürfelschalen ein. Zum Einfetten nehmt ihr am besten neutrales Öl – es soll keinen Eigengeschmack abgeben.
Wenn ihr das am Vortag nicht hinbekommt, müsst ihr früh aufstehen, denn die Füllung solltet ihr mindestens für fünf Stunden in das Gefrierfach stellen.
In einigen Stunden kommen die Gäste. Zeit für die Vorbereitungen.
Da alles gleichzeitig fertig werden soll, um warm angerichtet zu werden, startet ihr wie die Profis und bereitet alles so vor, dass beim Kochen keine Hektik aufkommt – „Mise en Place“ ist die fachliche Bezeichnung dafür. Stellt dazu alle Arbeitsgeräte bereit und erledigt zuerst sämtliche Schnippelarbeiten.
Die küchenfertige Gans befreit ihr von ihrem Innenleben, werft aber nichts weg. Spült sie unter fließendem Wasser ab und tupft sie mit Küchenpapier trocken. Dann trennt ihr die Keulen sowie die Doppelbrust inklusive Brustbein vom Rest der Karkasse. Das Hinterteil der Karkasse, den sogenannten Bürzel, schneidet ihr ab und entsorgt ihn. Die übrige Karkasse zerkleinert ihr mit einer Geflügelschere, Hals und Magen schneidet ihr ebenfalls in kleine Stücke. Übrig sind noch Herz und Leber. Die verwendet ihr für ein anderes Gericht. Jetzt müsst ihr nur noch Zwiebeln, Äpfel und Orange in grobe Stücke schneiden und die Vorbereitungen für die Gans sind abgeschlossen.
Für das Kraut achtelt ihr den Weißkohl und trennt den Strunk heraus. Dann scheidet ihr die Kohlstücke und die geschälten Schalotten in feine Streifen.
Für die Klöße wascht die Kartoffeln ihr gründlich. Um die Schmelze kümmert ihr euch später.
So – jetzt wird endlich gekocht, gebraten und geschmort.
Die gewaschenen Kartoffeln kocht ihr für etwa 35 Minuten in stark gesalzenem Wasser gar. Schält sie, wenn sie noch heiß sind. Viertelt sie und lasst sie auf einem Blech ausdampfen.
Heizt den Backofen schon mal bei Umluft auf 180 Grad vor.
Salzt die abgetrennten Gänsestücke und bratet sie im Bräter mit etwas Öl rundum hellbraun an. Nehmt sie wieder heraus und gebt stattdessen das vorbereitete Gänseklein in das heiße ausgetretene Gänsefett. Röstet das Gänseklein kräftig an.
Gebt dann der Reihe nach die Stücke der Zwiebeln, der Äpfel und der Orange im Abstand von etwa fünf Minuten dazu und bratet sie mit. Dann dreht ihr die Temperatur etwas herunter und röstet für rund drei Minuten das Tomatenmark mit. Löscht alles mit dem Süßwein ab. Wenn der Wein komplett eingekocht ist, gießt ihr den Gänsefond oder die Gemüsebrühe an. Kocht alles auf und platziert die angeratenen Keulen im Bräter – so dass diese im Soßenansatz versinken, die Haut aber nicht von der in der Flüssigkeit bedeckt wird.
Stellt den Bräter auf der mittleren Schiene in den vorgeheizten Backofen. Nach dreißig Minuten legt ihr die angebratene Doppelbrust dazu. Damit die Haut der Brust schön kross wird sollte sie nicht in der Flüssigkeit, sondern frei liegen. Die Teile der Gans lasst ihr jetzt für rund anderthalb Stunden im Ofen garen. Währenddessen übergießt ihr mehrmals die Geflügelteile mit der Flüssigkeit im Bräter.
Zeit, sich wieder um die Knödel zu kümmern. Dazu drückt ihr die lauwarmen Kartoffeln durch eine Presse, würzt sie mit Salz, Pfeffer und Muskat, mischt die Stärke darunter und verrührt alles zu einer gleichmäßigen Masse. Dann testet ihr erst mal die Mischung. Formt einen kleinen Probeknödel und gebt ihn für fünfzehn Minuten in leicht siedendes Salzwasser. Sollte er zerfallen, beinhaltet der Knödelteig noch nicht genug Stärke und ihr müsst den Stärkeanteil erhöhen und dann den Test wiederholen.
Während des Knödeltests widmet ihr euch endlich dem Kraut. Schwitzt dazu die Schalotten in etwas Rapsöl an bis sie glasig werden und den Geruch von rohen Zwiebeln verloren haben. Schneidet die Knoblauchzehe (ja, erst jetzt) in winzige Stücke und gebt sie mit dem braunen Zucker zu den Schalotten. Bevor der karamellisierende Zucker Farbe nimmt fügt ihr die Butter und den Weißkohl dazu. Salzt und pfeffert jetzt den Kohl und lasst ihn für etwa 5 Minuten „mitschwitzen“.
Danach löscht ihr den Kraut-Schalotten-Ansatz mit Apfelwein ab und köchelt ihn ohne Deckel – je nachdem wie bissfest ihr den Kohl wollt – für 15-25 Minuten. Die Flüssigkeit sollte zum Schluss fast vollständig verkocht sein.
Zurück zu den Knödeln. Wiegt vom erprobten Teig Stücke à 140 Gramm ab und dreht daraus je einen Knödel. In jeden dieser Knödel drückt ihr mit dem Finger eine tiefe Mulde, in die ihr je einen der gefrorenen „Hagebutteneiswürfel“ hineingebt. Verschließt die Teigmasse sofort wieder, dreht erneut einen runden Kloß daraus, den ihr dann ins kochende Salzwasser gebt. Wenn die Knödel an der Oberfläche schwimmen, lasst ihr sie für weitere fünfzehn Minuten bei geringer Hitze ziehen.
Während Gans, Knödel und Kraut garen röstet ihr ohne Fett die gemahlenen Haselnüsse bei mittlerer Hitze in einer Pfanne (vorsichtig, denn die verbrennen schnell). Haben sie ein wenig Farbe bekommen gebt ihr die Butter und ein wenig Meersalz dazu. Und wenn die Butter mit den Haselnüssen aufschäumt, nehmt ihr sie vom Herd und lasst sie ein wenig abkühlen. Dann hebt ihr den erst jetzt fein geschnittenen Schnittlauch unter. Die Schmelze ist servierfertig.
Nur noch einige letzte Schritte und das Essen ist fertig.
Am Ende der Garzeit entnehmt ihr die Gänseteile dem Bräter und wickelt sie in Alufolie ein, damit sie ruhen und bis zum Servieren warm bleiben. Die Flüssigkeit passiert ihr durch ein Sieb in einen Topf, fügt Sternanis, Lorbeerblatt und Thymianzweig hinzu und lasst alles etwas einkochen. Im letzten Schritt bindet ihr die Soße mit Stärke ab. Gans und Soße sind fertig.
Zupft einige Thymianblätter von den Stängeln und gebt sie zusammen mit etwas Chili zum Kraut. Wascht schnell noch den Apfel, schneidet ihn klein und hebt die Stücke unter das Kraut. Jetzt müsst ihr die Beilage nur mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit ein wenig Apfelessig verfeinern. Und dann ist auch das Apfelwein-Thymian-Kraut bereit angerichtet zu werden.
Bleibt euch nur noch die gargezogenen Klöße mit einer Lochkelle dem Salzwasser zu entnehmen, sie abtropfen zu lassen und ihnen mit der Haselnuss-Schnittlauch-Schmelze eine Haube zu verpassen.
Zu guter Letzt müsst ihr für die Gäste anrichten, was ihr angerichtet habt und etwas Passendes entkorken. Guten Appetit.
Die Idee zu diesem Rezept hatte Christopher Keylock und gekocht hat er es auch. Sein umsichtiger Gehilfe war Michael Frank, fotografiert hat Wolfgang Merkle und die Küche, die noch drei Tage lang nach dem Gänsebraten gerochen hat, habe ich zur Verfügung gestellt. Alle Zutaten stammten bis auf wenige Würzmittel aus dem Odenwald und von der Bergstraße.
(Beim Schreiben u.a. gehört: “Mission: Impossible“ von Adam Clayton und Larry Mullen)
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Weitere Rezepte von Chris in unserem Blog findet Ihr hier:
„Feine Sache statt zäher Masse“
„Unser neuer Chef“
„Ein Weihnachtstraum“
„Fish ’n Chips“
„It’s a Man’s World“
„Der Beckenrand Hotdog“
Und wer von euch mit Chris im Labsal in Michelstadt kochen möchte findet seine Kochkurse hier.