Kulinarische Abenteuer im Odenwald und an der Bergstraße

Wie der Herr, so’s Gescherr

Von Odenwälder Landwirten und ihrem lieben Vieh
Landwirtschaft im Odenwald

Die Qualität von Fleischereiprodukten beginnt nicht beim Tier, sondern beim Landwirt. Denn er entscheidet, welche Rassen er hält, wo und wie sich die Tiere bewegen und was sie fressen. Wenn das alles stimmt, kann ein engagierter Metzger Spitzenqualität daraus erzeugen, wenn nicht … dann nicht. Lasst euch nichts anderes einreden.

 

Fernsehköche empfehlen ja immer, nur beim „Metzger Ihres Vertrauens“ zu kaufen. Die müssen natürlich gute Handwerker sein, aber auch die Herkunft des Schlachtviehs berücksichtigen, um so die Güte ihrer Produkte zu garantieren. Man kann eben aus … äh … man kann eben nur im Märchen Stroh zu Gold spinnen, um es nicht ganz so drastisch auszudrücken.

Deshalb müssen sich engagierte Metzger, die richtig gute Produkte anbieten wollen, heute mit folgenden Problemen auseinandersetzen: Wo bekommen sie Tiere her, die artgerecht gehalten und gefüttert werden? Und wie stellen sie gleichbleibende Qualität sicher? Zwei Lösungswege kristallisieren sich dabei heraus.

 

Kooperation mit Qualitätsgaranten

Landwirtschaft im Odenwald
Anspruchsvolle, verantwortungsbewusste  Metzger, die nicht selbst schlachten, können ihr Fleisch von Erzeugergemeinschaften oder Schlachtbetrieben beziehen, welche die oben genannten Kriterien erfüllen. Denn die ihnen angeschlossenen landwirtschaftlichen Betriebe erfüllen strenge Auflagen und lassen entsprechende Kontrollen über sich ergehen. Artgerechte Haltung und Fütterung, Definition des richtigen Schlachtalters der Tiere und natürlich eine möglichst stressfreie Schlachtung sollten hier sichergestellt sein.

Die Metzgerei Kirchschlager in Erbach (Dorf) bezieht beispielsweise ihr Fleisch von der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall. Die Landmetzgerei Hornung in Reichenbach kooperiert inzwischen mit Gustigut. Bis vor einiger Zeit war Hornung Partner von Qualivo, aber dieses Unternehmen ist so stark gewachsen, dass dem Metzgermeister der persönliche Bezug  zu den erzeugenden Landwirten abhanden gekommen ist. Also hat er den Anbieter gewechselt und hinter Gustigut steckt letztendlich die Familie, die einst Qualivo gründete.

 

Landwirte aus der Region als Partner

Landwirtschaft im Odenwald
Einen ganz anderen Weg – einen mit viel stärkerem Fokus auf Regionalität – gehen die Metzger Kaffenberger in Nieder-Kainsbach und Urich in Bad König. In beiden Betrieben wird noch geschlachtet und das Vieh kommt aus dem Odenwald, also sozusagen aus der Nachbarschaft. Hier entsteht die Qualität aus einer eng verzahnten regionalen Wertschöpfungskette. Geprägt von Verantwortung gegenüber Mensch, Tier und eben – der Heimat.

Landwirte und Metzger kennen sich persönlich, getrennt sind sie nur durch einen Katzensprung. So werden überflüssige Tiertransporte vermieden (das gilt aber auch für die oben genannten Kooperationen) und man trifft sich mehr oder weniger regelmäßig. So von Mensch zu Mensch, aber auch um immer wieder zu sehen, wie die Partner arbeiten und mit ihren Tieren umgehen. Und um faire Preise zu vereinbaren, die nicht alle Kapriolen des Marktes mitmachen, sondern Sicherheit und Planbarkeit gewährleisten. So ist für alle etwas drin und auch für die Tiere.

 

Tour de Odenwald

Im November 2017 hatte ich die Gelegenheit Steffen Urich zu begleiten, einige Landwirte kennenzulernen und über die Viecher zu babbeln. Da trifft man durchaus auf sehr verschiedene Typen – sowohl mit zwei als auch mit vier Beinen. Und auf unterschiedliche Philosophien der Landwirte, aber in einem sind sich alle einig: Es geht um Klasse statt Masse und um das Beste für Mensch und Tier.

 

Erbach-Roßbacher Hof

Landwirtschaft im Odenwald
Martin Allmenröder und seine Familie halten ihre Mastschweine umgeben von Wäldern, Wiesen und Weiden auf dem Roßbacher Hof nahe Erbach. Ihr eigenes Getreide bildet die Grundlage für die gentechnikfreie Fütterung der Tiere. Mit Eiweiß versorgt werden die Tiere durch Erbsen aus eigenem Anbau sowie durch Molke aus der Molkerei Hüttenthal und Bierhefe der Schmucker-Brauerei – beide liegen sozusagen nebenan. Bei der Aufzucht der Ferkel – alle stammen aus dem Odenwald – verzichten Allmenröders auf Antibiotika und Wachstumsförderer im Futter.

 

Erbach

Landwirtschaft im Odenwald
An den grasbewachsenen Hängen über Erbach findet man die Schafherden von Hans-Peter-Müller. Hier führt er die seine Schwarzköpfigen Fleischschafe und Suffolks unermüdlich von Futterplatz zu Futterplatz. Beide Rassen zählen zur Kategorie der Fleischschafe

Landwirtschaft im Odenwald

 

Reichelsheim-Ober Kainsbach

Landwirtschaft im Odenwald
Die Rinder von Landwirt Peter Hofferberth leben die meiste Zeit des Jahres auf der Weide. Nur im Winter, wenn es richtig kalt und nass ist, geht es in den Stall. Und das ist auch den Tieren lieber. Gefüttert wird die Kreuzung aus Schwarzbunten und Weißblauen Belgiernnur mit Gras, Heu und selbst angebautem Getreide – frei von jeglicher Gentechnik.

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Bad König / Momart

Landwirtschaft im Odenwald
Seit vielen Jahren bewirtschaften Sabine und Hans Trumpfheller ihren Betrieb ökologisch und erzeugen auf rund einhundert Hektar Wiesen- und Weidenfläche das Futter für ihr Fränkisches Gelbviehselbst. Von April bis November sind die Rinder auf der Weide, im Winter kommen sie in die Laufställe und werden mit Heu und Grassilage gefüttert.

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Birkenau-Löhrbach

Landwirtschaft im Odenwald
Nahe Weinheim wächst auf einhundert Hektar kräuterreichen Bergwiesen und Weiden das naturbelassene Futter für die Tiere der Dittrichs. Und hier finden die Rinder – eine Kreuzung aus Schwarzbunten und Weißblauen Belgiern– alles, was sie zu einem artgerechten Leben brauchen.

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Fürth-Brombach

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Familie Nikolaus Berg bewirtschaftet etwa einhundert Hektar Grün- und Ackerland. Hier züchten sie Charolais-Rinder, die fast das ganze Jahr auf den weitläufigen Odenwälder Weiden grasen. Nur eine kurze Zeit im Winter verbringen die Tiere im Außenklimastall und werden mit selbst angebautem Futter versorgt.

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Oberzent-Beerfelden / Erzbach

Landwirtschaft im Odenwald
Norbert Sattler und seiner Familie ist die artgerechte Weidehaltung ihrer Tiere ebenso wichtig wie das Futter aus eigenem Anbau. Sie halten auf ihren Weiden bei Beerfelden und Erzbach (gehört zu Reichelsheim) Allgäuer Braunvieh sowie eine Kreuzung aus Schwarzbunten und Weißblauen Belgiern.

Landwirtschaft im Odenwald

Am Ende dieser Tour habe ich so einiges gelernt. Zum Beispiel wie viel Engagement, Wissen und auch Leidenschaft die Landwirte in ihre Arbeit, in ihre Tiere investieren müssen. Wie breit ihr Kreuz sein muss, um diesen Weg fern der Massentierhaltung zu gehen. Eigentlich müssen sie dickfälliger sein als ihr Vieh, um all das zu schaffen. Hut ab.

Fotografie: Thomas Hobein

(Beim Schreiben u.a. gehört: What A Difference A Day Makes von Esther Phillips)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1 Kommentar zu “Wie der Herr, so’s Gescherr

  1. Brigitta Schäfer

    Ich habe seit 2 Jahren 4 glückliche Hühner.. auch so ein Kapitel der Haltung ..es wird einem doch bewußt , das weniger mehr ist und man bewußter Fleisch essen sollte. Vielleicht regt der Beitrag einmal zum nachdenken an, weniger Billig-Fleisch zu kaufen , für das so eingesparte Geld lieber einmal ein regionales Fleisch bei den hiesigen Anbietern im Odenwald zu probieren ,tolle Qualität und Geschmack und somit einen Beitrag zu liefern,daß diese Haltung und Züchtung erhalten bleibt , denn Filme über Tiertrasporte und Zustände über Haltung oder Schlachtung im Schlachthof das will niemand sehen ,aber billiges Fleisch das ißt man dann . endlich Gutes gibts im Odenwald genug.

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