Kürbis-Ernte auf dem Eichwaldhof
Direkt neben der Demeter-Verbandszentrale im Westen Darmstadts liegt der Eichwaldhof. Hier wird seit Jahrzehnten nach strengen Regeln biodynamisch gewirtschaftet. Wir durften mal bei der Kürbis-Ernte zusehen und einige Fragen stellen.
„Der Stengel muss so richtig hart sein … so richtig eingetrocknet.“ Michael Förster erklärt uns, wann ein Hokkaido-Kürbis enrntereif ist. „Das verbessert die Haltbarkeit und die Lagerfähigkeit, weil dann vom Stiel her nichts anfängt zu faulen.“
Wir stehen am Rand seines Kürbisfelds am Weilershof bei Wolfskehlen. Das hier ist nur ein Teil der Fläche, auf denen er verschiedene Hokkaido-Sorten anbaut. Insgesamt widmet er dem seit geraumer Zeit so beliebten Kürbis vier Hektar. Er selbst steht nicht so auf Kürbisse. Oder besser gesagt nicht mehr. „Bei mir ist der durch“, sagt er. Für den Bio-Landwirt ist das ein anhaltender Trend. „Eine Modererscheinung, wie jetzt auch die Süßkartoffeln.“ Also wohl eher eine unternehmerische Entscheidung zu Gunsten der Kürbisse, denn eine leidenschaftliche.
Das mag bestimmt das ein oder andere empfindsame Gemüt in eine abgrundtiefe Sinnkrise stürzen. „Wirtschaftliches Kalkül und biodynamischer Anbau – ja, wie geht das denn zusammen?“, mag es sich erschüttert fragen. Ich denke, gut. Liebe Verzweifelten. Gut, geht das zusammen.
Für mich erdet das den Mann – warum sollte er auch alles gerne essen, was er anbaut. Als er uns vor wenigen Wochen seine Angus Rinder präsentierte, haben seine Augen jedenfalls heller gestrahlt – Vegetarier ist Michael Förster also sicher nicht, aber überzeugter Bio-Landwirt in jedem Fall. Und dabei ist er so gar nicht missionarisch unterwegs, obwohl der Eichwaldhof seit seiner Gründung im Jahre 1948 quasi biologisch-dynamisch bewirtschaftet wird und seit 1961 als Demeter Verbandsbetrieb zertifiziert ist.
Wenn wir schon mal dabei sind: Einige Fakten zum Eichwaldhof
Gemeinsam mit seiner Frau Beate übernahm Michael Förster zur Jahrtausendwende den Hof von den Eltern und führt deren Arbeit seitdem konsequent fort. Unaufgeregt, aber eben konsequent. Der Betrieb – zwischen Griesheim und Pfungstadt gelegen – markiert den vielleicht westlichsten Zipfel Darmstadts und ist über die Eschollbrücker Straße gut erreichbar. Die Nutzfläche beträgt insgesamt einhundertfünf Hektar. Auf vierzehn Hektar davon werden etwa zwanzig verschiedene Gemüse angebaut. Zum Hof gehört auch eine Angus-Herde, die aus dreißig Mutterkühen plus der entsprechenden Nachzucht besteht. Die Erzeugnisse des Demeter Verbandsbetriebs – auch zertifiziert nach EG-Öko-VO und mit dem Bio-Siegel Hessen – werden über Facheinzelhandel, Großhandel oder Gastronomie vertrieben und im eigenen Hofladen angeboten.
Inzwischen
Während wir uns unterhalten, folgt die Erntemannschaft unablässig dem Traktor, der im Schritt-Tempo einen Hänger mit einem seitlichen Förderband über das Feld zieht. Die Ernter legen die Kürbisse auf dieses Förderband, das sie hoch auf den Hänger transportiert. Dort werden sie von weiteren Erntehelfern in Kisten gepackt. Dabei ist wichtig, dass die Früchte nicht verletzt werden und immer der Stielansatz erhalten bleibt – beides hat nicht nur optische Gründe, sondern verbessert die Haltbarkeit.
Neben den beiden festangestellten Mitarbeitern gehören auch vier Saisonkräfte aus Rumänien zum Team, die seit vielen Jahren immer für drei Monate auf dem Eichwaldhof arbeiten. Es geht in der Erntezeit eben auch hier nicht ohne saisonale Verstärkung. Wie denn auch?
Demeter – oder Bio-Plus
Begriffe wir Regionalität oder Bio geben vielen Menschen heute wichtige Anhaltspunkte beim Einkauf. Es geht um Qualität, Vertrauen und Verantwortung. Einen besonderen Platz dabei nimmt das Demeter-Siegel ein.
„An den Kürbissen selbst merkt man den Unterschied zwischen Bio und Demeter wohl kaum,“ meint Michael Förster. „Aber am Gesamtbetrieb … an der Bodenbewirtschaftung. Weil da nur biologisch-dynamische Präparate aufgebracht worden sind.“
Bei Kartoffeln wird der Unterschied schon deutlicher. Hier dürfen die Bio-Bauern gegen die Krautfäule Kupfer spritzen – nach Demeter-Richtlinien ist das nicht erlaubt. Auch sonstige Ausnahmen, wie witterungsbedingte Sonderregelungen in der biologischen Landwirtsschaft, gibt es nicht. Und Tierhaltung ist vorgeschrieben, um den Kreislauf aufrecht zu erhalten. Der Stallmist soll so wieder dem Boden zugefügt werden. Die Angus-Herde hat also ausser Leckerness noch eine andere Funktion.
Letztendlich geht es um eine umfassendere Betrachtung, die einen landwirtschaftlichen Betrieb als lebendigen Organismus begreift, in dem Mensch, Pflanze, Tier und Boden zusammen wirken.
Es gäbe sicher noch viel zu hören, aber wir kommen so langsam zum Ende unseres Besuchs. Kurz noch Händeschütteln und ein Angebot: „Nehmt euch noch ein paar Kürbisse mit, damit Ihr mal wieder auf den Geschmack kommt.“ Dann macht er sich in seinem verbeulten SUV vom Acker. Und wir? Wir lassen einigen kleinen Hokkaidos eine Pflückung zuteilwerden und reiten mit der Beute dann ebenfalls in den Sonnenuntergang. „I’m a poor lonesome cowboy“ … nee, wir sind ja zu zweit … „Just the two of us“ oder so.
Fotografiert hat Thomas Hobein
(Beim Schreiben u.a. mal wieder gehört: „About Today“ von The National)