Ochsenschläger (Folge 3)
Monokultur findet Siegbert Ochsenschläger monoton. Er setzt konsequent auf Artenvielfalt und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft. Nur eine Sorte Getreide oder Kartoffeln? Nur eine Art von Schweinen oder Hühnern? Das wäre einfach zu langweilig für den umtriebigen Landwirt.
Etwas außerhalb von Wattenheim am Altried-Weiher liegt der Hof. Hier bewirtschaftet Siegbert Ochsenschläger, kurz Siggi, fünfundvierzig Hektar Nutzfläche. Hier setzt er seine Ideen um und probiert ständig Neues aus.
Bevor er den elterlichen Hof übernahm war er Head Greenkeeper auf dem nahegelegenen Golfplatz. Auch dort versuchte er bereits Bestehendes weiterzuentwickeln. Aber das war ihm auf Dauer zu zäh. Also suchte der experimentierfreudige Landwirt einen geeigneten Platz um seine Ideen umzusetzen und fand ihn – zu Hause.
Brust oder Keule?
Das wichtigste Standbein des landwirtschaftlichen Betriebes ist heute hochwertiges Freiland-Geflügel. Namhafte Spitzengastronomen aus der Region und aus ganz Deutschland beziehen Hühner, Hähnchen oder Puten aus Biblis-Wattenheim. Etwa zweitausend Vögel der Premium-Ess-Klasse bevölkern ständig den Hof am Altried-Weiher. Puten und Hühner gackern hier geräuschvoll durcheinander – darunter Rassen wie Perl- und Bresse-Hühner oder schwarze Nackthals-Hühner sowie rund 500 Legehennen für die Eier-Produktion.
Und alle Hühner sind echte Wandervögel. In kurzen Abständen verändert Siggi die Position der Ställe. Die Vorteile dieses Vorgehens liegen auf der Hand. Es gibt immer etwas Frisches zu picken, was das Huhn glücklich und das Fleisch lecker macht. Außerdem kann sich der Boden gut und schnell von der Hühnerschar erholen.
Jeden Montag wird geschlachtet. Und die Vögel treten die letzte Reise an – in den Hofladen, in die Gastronomie, in uns.
Man muss schon besonderes Schwein haben
Bunte Bentheimer Schweine und Berkshire Schweine sind nicht etwa bedrohte Rassen weil sie in der Tat so viel leckerer sind als die bundesdeutschen Norm-Schnitzel-Schweine, sondern weil sie nicht in die industrielle Verwertungskette passen. Denn sie sind einfach anspruchsvoller und liefern auch nicht so schnell und so viel Fleisch wie ihre Industrie-Kollegen.
Hier bei Siggi Ochsenschläger erleben wir das krasse Gegenteil einer Groß-Mästerei. Es gibt nur wenige Schweine beider Rassen. Aber die haben Platz und Ruhe. Und sie werden respektvoll behandelt. Als wird den Hof besuchen ist gerade eine Berkshire Sau trächtig. Sie besteht jeden Morgen darauf erst mal einige Minuten intensiv gekrault zu werden. Dem kommt der Landwirt gerne nach. Und man sieht dem Schwein an woher die Redewendung „sich sauwohl fühlen“ kommt – wahrscheinlich aus Biblis-Wattenheim.
Doch natürlich werden auch hier die Tiere nicht zum puren Vergnügen gehalten. Und wenn Siggi bei Metzger Hornung in Lautertal Schweine schlachten und verarbeiten lässt, muss man sich schon beeilen wenn man etwas abbekommen will. Denn die Mengen sind begrenzt und die Qualität ist sehr gefragt.
Exkurs: Hektar
Für alle, die nicht in Land- und Forstwirtschaft tätig sind, die schon ganz schön lange aus der Schule sind oder die nicht so oft in der Schule vorbeischauen: Ein Hektar entspricht einer Fläche von 10.000 Quadratmetern – oder anders ausgedrückt einem Quadrat mit einer Seitenlänge von 100 Metern.
Siggi bearbeitet wie gesagt 45 Hektar oder 450.000 Quadratmeter. Das entspricht der Fläche von rund 63 Fußballfeldern mit der Normabmessung für Länderspiele. So jetzt wisst ihrs.
Alles außer gewöhnlich
Auch auf den Feldern und im Garten des Betriebs geht es Siggi nicht um Masse sondern um Vielfalt und Qualität. Er baut neben Mais und Soja nicht weniger als fünfzehn Sorten Kartoffeln an und diverse alte Getreidesorten wie Einkorn. Im Garten wachsen verschiedene Salatsorten und im Gewächshaus gedeihen Tomaten und außergewöhnliche Pflanzen wie Herzblattsalat, Maca oder Eiskraut – die Gourmets unter euch werden sie kennen. Ich kannte sie nicht.
So, das war bestimmt nicht alles, aber so einiges über Siegbert Ochsenschläger und seinen Hof. Im Moment denkt er über Roggen nach und bestimmt noch über Vieles von dem er uns noch gar nichts erzählt hat. Darüber mehr nach dem nächsten Besuch bei den Ochsenschlägers in Biblis-Wattenheim.
Alle Fotografien stammen von Wolfgang Merkle.
(Beim Schreiben gehört:“Imp“ von Pulka)
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Lest auch die anderen Folgen:
Ochsenschläger (Folge 1) Eine Familie mit unendlich viele Ideen
Ochsenschläger (Folge 2) Ein Hofladen für die natürliche Vielfalt einer ganzen Region
Ochsenschläger (Kartoffelfolge) – Garantiert unlangweilig