Kulinarische Abenteuer im Odenwald und an der Bergstraße

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Eckdaten einer regionalen Gin-Verkostung
regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, Hannibal

Sie heißen Hannes 54, Unterholz und Hannibal. Gemeinsam haben sie, dass sie sich Gin nennen (und auch dürfen) sowie ihre Herkunft – die Region Odenwald/Bergstraße. Ansonsten sind sie so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Und das ist auch gut so. Denn auf diese Weise manifestiert sich in ihnen die kulinarische Vielfalt ihrer Heimat in sehr zeitgemäßer, wenn nicht gar absolut hipper – garantiert aber trinkbarer Form. Wir haben ins Labsal eingeladen, um die Drei zu probieren und eine illustre Schar von Genießern folgte unserem Ruf.

 

Als vor X Jahren ein Gin namens Monkey 47 aus dem Schwarzwald die Getränke-Szene aufmischte, trat das in Deutschland einen wahren Boom los. Überall erschienen kleine Gin-Manufakturen auf der bundesdeutschen Landkarte – natürlich auch hier in Hessens tiefem Süden. Grund genug, uns diesem Thema zu widmen. Doch zunächst in aller Kürze:

  

Was ist eigentlich Gin?

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, Hannibal Juniper, Genévrier, Genever, Gin – der Name leitet sich von der botanischen Bezeichnung Juniper ab, die für den Wachholder steht. Die Spirituose besteht aus geschmacks- und geruchsneutralem Agraralkohol, dem durch verschiedene Verfahren der Wachholder und weitere Gewürze – im Fachjargon Botanicals genannt – zugefügt werden, die den Marken dann ihre typischen Eigenheiten verleihen. Ein Gin muss mindestens 37,5 Prozent Alkohol enthalten und ist die unverzichtbare Basis für weltbekannte Getränke wie Gin Tonic oder den Martini von James Bond.
 

Der Gin des Abends

Verzeihung, auf diese Headline bin ich erst durch den „Gin des Lebens“ gekommen, der mir irgendwo im Internet untergejubelt worden war. Aber jetzt zum Thema: Gin ist das Thema unseres ersten Netzwerkabends, der Menschen der Region zusammenbringt, die mit der hiesigen Kulinarik in enger Verbindung stehen. Weitere werden zu anderen Schwerpunkten folgen. Es geht nicht um ein Ranking, sondern darum, sich beim gemeinsamen Probieren, Schmecken und Diskutieren kennenzulernen – in lockerer Runde, begleitet von Leckerem aus der Küche von Chris Keylock. So jetzt aber los: Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, Hannibal

 

Der Begrüßungsdrink ohne Gin

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, Hannibal Wir sind spät dran. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber auch darin zu finden, dass es in der Hauptverkehrszeit gar nicht so einfach ist, von Bensheim nach Michelstadt zu kommen. Als es losgeht heißt Chris Keylock, unser Gastgeber im Labsal, alle willkommen. Als neutralen Begrüßungsschluck präsentieren wir deicht, den Dieburger Kornbrand aus Emmer. Und – wir erleben es nicht zum ersten Mal – alle sind angenehm von der milden Süße überrascht und werden überzeugend kommentiert. Das hätte ich nie mit Korn in Verbindung gebracht. Lecker. Hey. Cool.

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, HannibalDoch jetzt ist es Zeit, dass wir uns dem Thema des Abends widmen. Wir nehmen an der Tafel Platz. Mineralwasser wird verteilt, unser selbst gemachtes Tonicwater (die Rezeptur verraten wir demnächst in diesem Blog) kredenzt und Chris serviert mit seiner ersten Kreation, einen gelungenen Prolog, der das Kommende perfekt vorbereitet.

 

 Gebeizte Lachsforelle I zweierlei Gurke I Borretsch & Dill

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, HannibalGin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, HannibalEigentlich eine geradezu klassische Kombination regionaler Zutaten, aber hier auf eine frische und zeitgemäße Art in einem Schälchen auf den Punkt gebracht. So wird vermeintlich Bekanntes zu einer wahren Überraschung.

 

Hannes 54 aus der Bachgau Destille

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, HannibalDer Gin ist benannt nach Großvater Hannes, der 1954 das erste Brennrecht in Schaafheim erwarb.

„Durch die sorgfältige Auswahl der Botanicals, schonende Mazeration und zweifache Destillation auf Kupferbrennblasen entfaltet er seinen vollen Charakter. Feines Wachholderaroma, frischer Duft von Pomeranzen und Orange, fruchtige Limette und ein Hauch von Zimt und Piment verleihen diesem „Distilled Gin“ eine harmonische Komplexität. Ohne Zugabe von Aromen und Zucker. Elegant mild im Abgang, pur oder als Gin-Tonic ein Genuss!“

So beschreibt Alexander Hotz, der heute leider nicht dabei sein kann, auf der eigenen Website seinen Gin mit einem Alkoholgehalt von 46 Vol.-%. Aber das sagen wir den Anwesenden nicht. Sie sollen sich ein eigenes Bild machen. Und das tun sie auch sehr lebhaft nach intensivem Schnüffeln und Probieren.

Kräftig. Fruchtig. Sehr intensiv. Zitrusnote. Ja, genau. Limone. Nach hinten etwas Bitteres wie  Lakritz. Echt? Doch, Süßholz. Dazu passt ein etwas süßeres Tonicwater, finde ich. Wie das hier? Jaa …

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, HannibalSo geht das eine ganze Zeit hin und her. Einiges wiederholt sich ständig, anders sind Einzelmeinungen und wieder anderes findeteinhellige Übereinstimmung. Und mir fällt auf, dass unser Tonicwater gut weggeht. Dann ist wieder Chris am Zug.

 

Gelierte Tomatenessenz I Wacholder I Bärlauch I Blackbird Bio Olivenöl

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, Hannibal  Tomate und Gin lieben sich und diesen Kick vom Bärlauch in Begleitung von einem Tropfen fruchtigem Olivenöl. Der nächste Gin kann kommen. 
Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, Hannibal 

Unterholz Gin aus Bad König

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, HannibalMarco Springer von der Peripherique GmbH erläutert die Idee und die Produktion des Gins: „Die Idee war einen Gin zu machen, der unverkennbar die Region in sich trägt. Mit dieser klaren Vorgabe haben wir eine Destille gesucht, die das realisieren kann. Unser Gin wird in Amorbach gebrannt. Mit 37,5 Vol.-% hat er den Mindestalkoholgehalt, der für Gin innerhalb der EU vorgeschrieben ist.“

Die hauseigene Website erzählt von der Süße des Saftes der Birke mit einem Hauch harzigem Tannenhonig. Dieses Zusammenspiel eröffnet im Mittelteil die spritzige Kombination aus Zitronengras und ätherischen Ölen, gewonnen aus geheimen Waldkräutern.

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, HannibalUnd wieder tunken alle ihre Nasen in die Gläser, probieren und kommentieren. Übereinstimmend wird dabei der geringe Alkoholgehalt wahrgenommen:

Leichter. Nur 37,5%? Süß. Vollmundig. Lakritz. Elegant. Rund. Stimmig. Wie Orange? Ja, Cointreau. Ein Sommer-Gin. Hier passt ein trockenes Tonicwater besser. Nee besser ohne, sondern pur.

Tatsächlich lassen sich schon die beiden Vertreter der Kategorie Gin eigentlich nicht vergleichen. Schon durch den geringen Alkoholgehalt entzieht sich der Unterholz Gin jeglicher Erwartungshaltung und ist pur sicherlich für alle geeignet, die es sanft und etwas süßer mögen. Als alle gesagt haben, was sie zu sagen haben, hat Chris den nächsten Gang parat. 

 

Knollensellerie – sous vide I Püree von geröstetem Apfel I Kerbel I Preiselbeere

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, Hannibal

 Wie der Brennmeister im Gin mit den Botanicals spielt, harmonisiert der Küchenmeister hier eine Vielfalt von Aromen auf einem Löffel.

 

Hannibal Gin aus Pfungstadt

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, HannibalRund. Rosmarin. Saugut. Stärker als die anderen. Brillant . Vollmundig. Elegant. Ungebastelt. Der hat eine enge Verbindung zwischen Duft und Geschmack. Zitrusnote. Frisch.

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, Hannibal So lauten die Kommentare zum Gin aus Pfungstadt mit 47 Vol.%. Der Name Hannibal ist eine Verbeugung an seinen verstorbenen Vater, der die Idee hatte, in der eigenen Brennerei einen Gin zu produzieren. Das erzählt Maximilian Freitag. Und von seiner Intention dem Hannibal einen mediterranen Charakter zu geben. Mit Rosmarin und frischem Pfeffer.

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, Hannibal Dieses „Mediterrane“ wird eigentlich auch durch die Bank durch die Anwesenden bestätigt. Für einen Gin Tonic  auf Basis eines Hannibal empfiehlt Maximilian deshalb auch Fever-Tree Mediterranean Tonic Water, um den Gedanken auf den Punkt zu bringen. Und dann holt uns Chris Keylock zurück in den Odenwald.

 

Black Burger I Blutwurst I Birne I Senf

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, Hannibal Ein deftiger Abschluss – im Kern tief mit der Region verbunden – der zeigt, wie essenziell Tradition für die Gestaltung der Moderne sein kann.

Dann neigt sich der gemeinsame Abend dem Ende zu. Alles ist probiert und aufgegessen. Wir fragen noch mal nach, was wir hätten besser machen können und natürlich kommen konstruktive Vorschläge. Hier einige Punkte:

In der Verkostung fehlte ein Standard Gin, den viele kennen, um die Qualität der hier verabreichten Gins besser zu verdeutlichen.

Unser DIY Tonic braucht ein Mineralwasser mit mehr Kohlensäure. So fehlt es ihm an Spritzigkeit. Sonst sei aber etwas für besondere Anlässe.

Einigen war die Runde zu klein, anderen erschien sie genau richtig. Die meisten sind der Meinung, dass so eine Runde zu anderen Themen durchaus Wiederholungen – auch an anderen orten –vertragen.

Gin-Tasting im Labsal: regionale Gin-Marken aus Südhessen: Unterholz , Hannes 54, Hannibal Und wir – wir freuen uns auf den nächsten gemeinsamen Abend. Und ich mich auf Zuhause, wo ich dann als Chauffeur auch endlich probieren darf, den Hannes 54, den Unterholz Gin und den Hannibal.

 

Teilgenommen haben

Schön, das ihr dabei wart. Bis bald. Garantiert.

Eingeladen waren auch, konnten aber unterschiedlichen Gründen kurzfristig nicht teilnehmen:

Nächstes Mal seid ihr fällig, Freunde. Aber so was von.

 

Gastgeber: Chris Keylock

Fotografie: Thomas Hobein

 

(Beim Schreiben u.a. gehört: „Walt for Koop“ von Koop)

1 Kommentar zu “37-46-47

  1. Es war ein sehr schöner Abend mit einer wahren Geschmacksvielfalt in flüssiger und fester Form – Danke an Endlich!Gutes. für solche Abende und die Berichte davon! Und vor allem für die Spontaneität des Abholens (ich hatte genau 30 Sekunden zwischen Einladung und Einsteigen….)

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