Kulinarische Abenteuer im Odenwald und an der Bergstraße

Dreggische Crumbeere

So ’ne Art Bauernfrühstück. Irgendwie.
Dreggische Crumbeere

Das Ei hat frei, der Speck bleibt weg. Blutwurst und Leberwurst sind hier die Partner der knusprigen Bratkartoffel und umhüllen sie wie ein Sugo die Spaghetti. Frische liefert die ein oder andere Gewürzgurke.

Zuerst mal möchte ich alle Leserinnen und Leser aus Bad Oldesloe und der weiteren Umgebung begrüßen und erklären, dass „dreggisch“ im Rhein-Fränkischen schmutzig bedeutet und „Crumbeere“ oder auch „Grumbeere“ der hiesige Ausdruck für die Kartoffel ist, die ja in Bad Oldesloe auch gern als Kantüffel in den Mund genommen wird, nur eben nicht dreggisch.

 

Das Bauernfrühstück

Der Name Bauernfrühstück leitet sich wahrscheinlich davon ab, dass unsere Altvorderen auf dem Land die Kartoffel schon am Morgen auf dem Tisch schätzten oder vielleicht auch nix anderes hatten. Der Wortbestandteil „Frühstück“ deutet auf eine eher im Norden verortete Herkunft hin. Denn südlich des Mains spricht man im Westen eher von Vesper und im Osten von Brotzeit.

Doch wie man das Kind auch beim Namen nennt (in Berlin Hoppelpoppel): Es entstand als Resteessen, basiernd auf gebratenen Kartoffeln vom Vortag und Fleischresten, Speck oder Schinken. Die werden in heißem Fett vermischt und mit weiteren regional unterschiedlichen Zutaten warm gemacht. Zum Schluss werden verquirlte Eier untergehoben, fertig gegart und als kompakter Klacks serviert. Klassische Beilagen sind Salat oder Gewürzgurken.

Im Odenwald befriedigen Scheiben aus Blut- und Leberwurst, manchmal noch Schwartenmagen,  dabei die Fleischeslust. Namen wie Bauernpfännchen oder Odenwälder Kartoffelpfännchen ersetzen das Bauernfrühstück. Und manchmal, ja manchmal entfallen sogar die Kartoffeln, nur das Ei, das Ei bleibt.

Mein erstes Bauernfrühstück nahm ich Ende der Siebziger in einer Autobahnraststätte ein. Ich kannte Bratkartoffeln mit Speck, aber nicht mit Ei. Seitdem sind ja einige wenige Jahre vergangen und inzwischen bin ich mittags ein durchaus erfahrener Bauernfrühstückler – doch das Ei brauche ich immer noch nicht so richtig. Und da kam es mir gerade recht, dass ich in der Pfalz vor geraumer Zeit im Kastanienhof zu Rhodt unter Rietburg auf der Karte „Dreggische Crumbeere“ entdeckt habe, um sie anschließend genussvoll zu verspachteln.

 

Meine höchstpersönlichen dreckigen Kartoffeln

Mal ganz davon abgesehen, dass ich mir als gebürtiger Hochdeutschler „Dreckige Kartoffeln“ niemals bestellt hätte, Dreggische Crumbeere mich aber neugierig machten – das genaue Rezept dieser Bauerfrühstücksvariante ohne Ei aus der Pfalz, wo der Schwiegersohn der Tochtermann ist und Schwiegertochter die Sohnsfrau, um dem Text noch einmal etwas Lokalkolorit unterzujubeln, kenne ich nicht. Also habe ich selbst eins zusammengedengelt, das ich allerdings meistens allein essen muss, da die überwiegende Anzahl der mir bekannten Menschen weder Blut- noch Leberwurst isst, sondern schon bei der bloßen Erwähnung dieser Würste vom Carnivoren zum äsenden Fluchttier mutiert.

Dreggische CrumbeereDreggische CrumbeereZu den Hauptdarstellern. Blut- und Leberwurst sollen von der kräftigen regionalen Sorte sein und einer Dose entspringen. Nach meiner Erfahrung zerfließt die Dosenwurst beim Erhitzen besser und verbindet sich so perfekt mit den Kartoffeln und genau das sollen sie ja auch.

Es gibt perfekte Gewürzmischungen für Bratkartoffeln, aber selbstverständlich sind eure Vorlieben beim Würzen die Messlatte. In jedem Fall sollte etwas Frisches dieses Gericht begleiten. Das kann ein knackiger Salat sein, ich aber bevorzuge als Beilage Gewürzgurken, die unter Beigabe von Chili eingelegt sind.

Tipp: Dreggische Crumbeere sind auch eine Super-Beilage zu kross gebratenen Fischfilets. Ich lasse dann aber die Leberwurst weg.

Einkaufsliste für etwa 4 Portionen

Dreggische Crumbeere

  • 1 kg Pellkartoffeln vom Vortag (aus festkochenden Kartoffeln)
  • 200 g Blutwurst, Hausmacher Art aus der Dose
  • 200 g Leberwurst, Hausmacher Art aus der Dose
  • 2 rote Zwiebeln, gewürfelt
  • 4 Knoblauchzehen, klein geschnitten
  • Salz und Pfeffer
  • Bratkartoffelgewürz
  • n. B. Butterschmalz
  • n. B. Gewürzgurken als Beilage
  • n. B. Schnittlauch

 

Herd an

Dreggische CrumbeerePellt die Kartoffeln und schneidet sie in Scheiben oder Würfel. Die bratet ihr in heißem Butterschmalz kräftig an. Nach einiger Zeit – die Kartoffeln brauchen einen gehörigen Vorsprung – gebt ihr die Zwiebeln dazu und wieder einen Moment danach den sensiblen Knoblauch, der leicht verbrennt und bitter wird. Schmeckt den Pfanneninhalt mit Salz und Pfeffer ab. Wenn die Kartoffeln knusprig sind hebt ihr Blut- und Leberwurst unter. Das Gemisch wendet ihr ständig, denn die Wurst soll in der Pfanne zerlaufen und die Kartoffeln möglichst ummanteln. Dabei würzt ihr das Gemisch mit dem Bratkartoffelgewürz und finalisiert es nach eurem Geschmack mit Salz und Pfeffer.

Ab auf den Teller und heiß servieren. Gewürzgurken nicht vergessen und einige Röllchen Schnittlauch darüber streuen. Dazu passt ein selbstbewusster Weißwein, der den Kampf mit der Gewürzgurke aufnimmt oder ein frisches Pils. Yes.

Dreggische CrumbeereFotos: Thomas Hobein

(Beim Aufschreiben u.a. gehört: „Les cornichons“ von Yéyé Sänger Nino Ferrer)

 

Kommentar hinzufügen

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wo wir weitere kulinarische Abenteuer erleben