Kulinarische Abenteuer im Odenwald und an der Bergstraße

Semmede aus Kartoffeln

Der krass krosse Kartoffel-Crunch
Semmede aus Kartoffeln auch bekannt als Semele, Bröselhaber, Zwuler oder Kartoffel-Brösel-Schmarrn

Äußerlich erinnert dieses fast vergessene, einfache Gericht an Streusel, die in Fett knusprig ausgebacken werden. Im Odenwald bestehen sie aus einem Buchweizenteig. In anderen Regionen werden sie aus Kartoffeln gemacht. Dieser Variante widme ich mich dieses Mal und präsentiere euch die knusprigste Bratkartoffel der Welt, wenn nicht gar der ganzen Galaxie. 

Als ich im Oktober 2019 das Ergebnis meiner kulinarischen Spurensuche online gestellt habe, war mir nicht klar, wie viele Leser/innen das Thema Semmede oder Semmete interessiert. Aber tatsächlich habe  ich so einige Antworten auf Facebook, per E-Mail oder auch direkt Kommentare im Blog bekommen. Darunter auch zwei Rezepte, die ihr im Blog nachlesen könnt. Eins davon basiert auf Kartoffeln und nicht auf Buchweizen. Vielen Dank noch einmal an die beiden Autor/innen.

 

Kartoffel-Brösel-Schmarrn, Bröselhaber, Zwuler

Wie der Zufall es will, widmeten sich auch andere Medien gerade diesem Thema – immer mit der Kartoffel als Basiszutat. Und jedes Mal wurden die Rezepte unter anderem Namen präsentiert, die jedoch im Kern alle dem von Dr. Eberhard Kuhn im Kommentarbereich meines Blogs gleichen. Im Radio auf BR 2 sprach man von einem Kartoffel-Brösel-Schmarrn, im Bayern-TV bereitete Koch Hansjörg Bachmeier einen Bröselhaber zu und im WDR tischten Martina und Moritz einen Zwuler auf.

Doch wie man das Kind auch beim Namen nennt – Grundlage dieses Resteessens sind immer Pellkartoffeln vom Vortag oder noch älter, die gepellt, grob zerkleinert, mit Mehl ummantelt und in Butter oder Butterschmalz ausgebacken werden. Das Zerkleinern der Kartoffeln kann mit der Küchenreibe, einem Fleischwolf oder einer Spätzle-Presse erfolgen. Das Mehl sorgt dafür, dass die Streusel schön knusprig werden.

Fernsehkoch Bachmeier verwendet dazu nicht, wie alle anderen, das übliche 405er Mehl, sondern Dunst, um die Brösel noch krosser zu backen. Dunst – erhältlich in der Herrnmühle in Reichelsheim – ist gemahlener Weizen, der feiner als Grieß ist, aber gröber als handelsübliches Mehl.

Ob man eine mehlige Kartoffel oder deren festkochende Schwester (in Bayern auch „der Kartoffel“) verwendet ist eine Glaubensfrage. Und wie bei den Kollegen aus Buchweizen kann man Speckwürfel mit den Bröseln mitbraten, um die Portionen würziger zu gestalten.

Die Kartoffel-Semmede werden je nach Region und Haushalt in süßer Begleitung wie Apfelmus – oder -kompott serviert, aber auch herzhaft mit Salat, Sauerkraut oder Schweinebraten oder … oder.  Eigentlich passen die Knusperkartoffeln überall dazu, wo sonst Bratkartoffeln als Beilage auf den Teller kommen.

 

Kurzer Abstechern die  Rhön

Das Rezept für Semele aus der Rhön habe ich auf Wikipedia gefunden. Und weil es deutlich anders gemacht wird, füge ich es der Vollständigkeit halber dazu: Salzkartoffeln werden noch heiß durch eine Presse gedrückt und mit Grieben (ausgebratene Speckstücke) vermengt. Dazu kommen Semmelbrösel , bis sie sich die Masse zu Plätzchen formen lässt. Die werden anschließend in heißem Fett gebacken, bis der Rand goldgelb und knusprig ist. Wie beim Kaiserschmarrn kann man die Küchlein dann auseinanderreißen. Dazu reicht man  Gurkensalat oder saure Gurken sowie Buttermilch.

 

 

I did it my way

Semmede aus Kartoffeln auch bekannt als Semele, Bröselhaber, Zwuler oder Kartoffel-Brösel-SchmarrnIhr seht, es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten und irgendwann steht man vor der Entscheidung, wie man’s nun machen tut. Ich verwende festkochende Kartoffeln, nehme 405er Mehl, würze zusätzlich mit einer Gewürzmischung für Bratkartoffeln und backe alles in „Guter Butter“ aus. Geht prima.

Die Mengenangaben zum Mehl und zum Bratfett lassen sich schwierig definieren. Das müsst ihr selbst ausprobieren. Wichtig ist, das die Kartoffelbrösel gut vom Mehl eingefasst sind.

Meine Kartoffel-Semmede serviere ich hier zu einer Sülze aus Schweinefleisch, begleitet von sauren Gurken. Und wer nun glaubt, die Semmede seien ein Bratkartoffelersatz, wird nach dem Probieren die Bratkartoffeln für einen Semmede-Ersatz halten.

 

Einkaufsliste für vier Personen

Semmede aus Kartoffeln auch bekannt als Semele, Bröselhaber, Zwuler oder Kartoffel-Brösel-Schmarrn

  • 1500 g festkochende Kartoffeln
  • 100 g  Mehl (hier müsst ihr experimentieren)
  • Butter oder Butterschmalz zum Ausbacken
  • Salz, Pfeffer,
  • Bratkartoffelgewürz oder Majoran

 

Und jetzt: Rinn in die Kartoffeln

Semmede aus Kartoffeln auch bekannt als Semele, Bröselhaber, Zwuler oder Kartoffel-Brösel-SchmarrnKocht die Kartoffeln, lasst sie ausdampfen und stellt sie für mindestens zwei Tage ungeschält und zugedeckt in den Kühlschrank. Erst unmittelbar vor der Zubereitung schält ihr die Kartoffeln.

Die geschälten Kartoffeln zerkleinert ihr dann auf einer Küchenreibe oder gebt sie durch eine Spätzle-Presse in eine ausreichend große Schüssel und bestäubt sie mit dem Mehl. Vermischt beide Zutaten vorsichtig mit den Händen. Vermeidet dabei zu viel Druck, sonst bilden sich große Klumpen. Wichtig ist, dass am Ende die Kartoffelstücke großzügig vom Mehl überzogen sind. Bei dem Vermengen entstehen Klümpchen unterschiedlicher Größe wie bei Streuseln.

Semmede aus Kartoffeln auch bekannt als Semele, Bröselhaber, Zwuler oder Kartoffel-Brösel-SchmarrnDie Bröckchen backt ihr dann bei mäßiger Hitze goldgelb in der Butter. Dabei sollte die Pfanne immer wieder geschwenkt werden, damit die Semmede gleichmäßig bräunen. Erst kurz vor Ende der Bratzeit würzt ihr eure Semmede mit Salz, Pfeffer und der Gewürzmischung oder dem Majoran. Ihr seid fertig wenn die Kartoffel-Streusel goldgelb glänzen und ordentlich Radau machen, wenn ihr die Pfanne schwenkt.

Semmede aus Kartoffeln auch bekannt als Semele, Bröselhaber, Zwuler oder Kartoffel-Brösel-SchmarrnMit den Beilagen eurer Wahl anrichten, Bier auf und alles … knurps, knurps … verputzen

Fotos: Thomas Hobein

(Beim Verputzen nix gehört, die Semmede waren zu laut)

Eine andere Version der Semmede kennt Inge, die ursprünglich aus Sinsheim stammt. Sie hat mir ihre Version und ein Foto geschickt. Danke dafür.
„Also „Semmede“ – sie heißen richtig „Dallemer Semmede“ (= Dallau ist ein OT von Elztal und liegt im Bauland).
Dort werden mehligkochende Kartoffeln recht weich gekocht (also die rauhe Schale muß aufgeplatzt sein), dann schälen und durch einen Kartoffeldrücker drücken – sie Foto im Anhang.
Wenn die durchgedrückten Kartoffeln leicht erkaltet sind, mengt man die Hälfte der Kartoffelmenge an Mehl dazu, etwas Muskat. Diese Masse „reibt“ man ganz vorsichtig zwischen den beiden Handflächen (wie „Händewaschen), damit kleine Brösel entstehen – drückt man mit den Handflächen zu fest, entstehen große Klumpen. Die so entstandenden „Kartoffelbrösel“ (sie sind ungefähr so groß wie die Köpfchen von ganzen Nelken) kommen dann in eine Pfanne mit wenig Fett und werden goldgelb angeröstet – ohne Kruste! Dazu schüttelt man die Pfanne immer wieder, bzw. wendet die Masse, damit alles locker bleibt – nach ungefäht 30 min. ist es fertig.“

 

 

 

 

2 Kommentare zu “Semmede aus Kartoffeln

  1. Kasia

    Dankeschön, mein Mann redet seit Jahren davon. Er hat das Gericht als Kind gegessen, da seiner Mutter oft Freitags die Mahlzeit serviert hat. Ich komme ursprünglich aus Polen und gerade so ein Gericht war für mich unbekannt. Jetzt kann ich mein Mann glücklich machen

  2. Barbara

    Ich liebe die Zemede von meiner Oma, auch aus der Rhön und anders zubereitet.
    Salzkartoffeln werden noch heiß durch die Kartoffelpresse gedrückt.
    In einem Bräter werden viele Zwiebeln in Butterschmalz angedünstet, gepresste Kartoffeln dazu. Immer wieder vermischen, so dass sich nichts ansetzt.
    Dazu gibt es Milch, Buttermilch oder Dickmilch

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