Labsal
Regional. Saisonal. Bio. Das findet jeder gut. Und jeder redet darüber. Und doch meint jeder etwas anderes und handelt – wenn auch in bester Absicht – entsprechend individuell. Michael Frank hat einige Gastronomen in der Gegend dazu befragt. Begleitet ihn auf seiner Tour, lernt die Leute kennen und das, was dort auf den Tisch kommt.
Lass das berühmte Rathaus im Zentrum von Michelstadt einmal links liegen und folge dem Kopfsteinpflaster der Straße etwa einen Steinwurf weit. Dann entdeckst du auf der linken Straßenseite ein Fachwerkhaus mit großer Schaufensterfront. Und du hast das Labsal gefunden.
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Von Raum, Moment und Genuss spricht Chris Keylock, wenn er das Labsal beschreibt. Es ist kein Restaurant; es ist Event-Location, Kochschule, ein Ort für private oder offizielle Augenblicke und kulinarische Entdeckungen. Im Zentrum der Küche stehen Produkte aus der Umgebung, die der Küchenmeister aber alles andere als tradiert zubereitet. Michael Frank hat Chris unsere fünf Fragen zum Thema gestellt.
Frage 1:
Was verstehst du unter dem Begriff „Regionale Küche“?
„Regionale Küche – darunter verstehe ich in erster Linie mal die Art, in der Region zu kochen. Typische Gerichte, Zubereitungsweisen, Garmethoden. Und dann im zweiten Schritt aber auch die Produkte aus der Region, die typisch sind für die Küche. Und beides zusammen ergibt die Regionale Küche.“
Frage 2:
Beschränkt sich „Regionale Küche“ für dich auf die regionaltypische Zubereitung regionaler Produkte?
„Nein, also Pfeffer wächst hier wenig. Und gewisse Sachen sind hier einfach über die Jahre dazugekommen, wenn man ganz weit zurückgeht. Der Odenwald und die Kartoffel sind fest verbunden, aber die hatte ihren Ursprung auch woanders, das ist alles eine Entwicklung, die fortschreitet.
Aber wenn ich damit werbe und den Begriff nutze, dann sorge ich schon dafür, dass die Produkte, die verwendet werden aus der Region stammen, zumindest da angebaut sind. Ob die jetzt ursprünglich da heimisch sind…
Wenn ich für mich die Region definiere, dann ist das definitiv der gesamte Odenwaldkreis aber auch die angrenzenden Gebiete wie Richtung Main raus, ins Vorderland Frankfurt, in Richtung Neckar. Was ich für das Labsal einkaufe, hole ich alles mit dem Auto ab – das ist im Süden der Matthias mit seinen Fischen und in Bad König der Urich, das ist eigentlich der Radius, in dem sich’s bewegt (Anm. des Verfassers: gemeint sind Forellenteichanlage Finkenbachtal und Landmetzgerei Urich).
Wenn ich aber weiß, es gibt ein Produkt, das ich hier im direkten Umfeld nicht bekomme oder aber nicht in der Qualität und zu den Kriterien produziert, die mir wichtig sind – dann gehe ich über die Region hinaus, anstatt irgendwie zu sagen: Lieber von hier, auch wenn’s Scheiße ist.
Es geht mir aber auch noch um die Wertschöpfungskette, das heißt, dass nicht nur das Produkt unterstützt wird, sondern auch die, die dahinter stecken und man so den regionalen Kreislauf stärkt und auch schließt. Irgendwo profitieren dann alle davon.
Frage 3:
Handelt es sich dabei ausschließlich um saisonale Produkte?
Bei mir jetzt? Nö! Nicht ausschließlich. Doch natürlich folge ich den saisonalen Angeboten und das erkennt man auch in meiner Küche. Und so etwas wie Erdbeeren im Dezember gibt es bei mir nicht. Aber meine Idee ist eigentlich, regionale Produkte und Gerichte zu nehmen und mit anderen Techniken optimal umzusetzen. Mit Techniken, die ich an anderen Orten kennengelernt habe. Ich koche aber selten mit offenem Feuer…“
Frage 4:
Welche Bedeutung misst du „Bio“ bei?
„Bio – als Begriff – hat eigentlich keinen Wert mehr. Ich kaufe zwar definitiv kein konventionelles Gemüse irgendwo im Großmarkt oder so, da gehe ich dann auf jeden Fall auf Bio. Aber wenn ich hier beim lokalen Produzenten Obst und Gemüse kaufe, hat der keine Biozertifizierung – außer der Berger in Beerfelden – aber das hat einen zehnmal höheren Stellenwert als das Wörtchen Bio.“
Frage 5:
Was ist für dich „das“ typische Gericht hier aus der Gegend?
„Kochkäs. Mit Bauernbrot, Musik – ganz klassisch.“
Vielen Dank für deine Zeit Chris
Chris Keylock ist Teil unseres Teams, aber als einziger von uns mitten im Odenwald verortet. Wie seine befragten Kollegen steht er offen Rede und Antwort zu diesem Themenkreis, der durchaus kontrovers diskutiert wird. Und wer von euch im Labsal bereits zu Gast war, hat erlebt, dass er auch meint, was er sagt und das genau so im Labsal umsetzt.
Labsal
Braunstraße 8–10
64720 Michelstadt
Tel. +49 176 24636610
Tel. +49 6061 9797579
info@dein-labsal.de
Termine nach Absprache
Das Interview führte Michael Frank. Die Aussagen der Befragten sind inhaltlich unverändert, jedoch der hochdeutschen Schriftform angepasst. Für eine bessere Vergleichbarkeit entspricht die Reihenfolge der Fragen und Antworten dem Konzept und deshalb in Ausnahmefällen nicht dem Interviewverlauf. Ausgelassene Passagen, die zu unnötigen Längen führen oder die Leser in der geschriebenen Form verwirren würden, sind gekennzeichnet.
Fotografiert haben Michael Frank und Thomas Hobein.
(Unterwegs im Auto u.a. gehört: „Go Tell The Women“ aus dem Album „Grinderman“ von Grinderman)
Nächste Woche: 49.714941158669816, 8.839790466028346
Weitere Beträge der Serie „Regional? Saisonal? Bio?“:
Folge 01: Einleitung
Folge 02: Hotel Waldesruh und Restaurant Pichlers
Folge 03: Zur Schmelz
Folge 05: Treuschs Schwanen und Johanns-Stube
Folge 06: Zum Löwen
Folge 07: Geiersmühle
Folge 08: Zum Hirsch – Fürstengrund
Folge 09: Zum Rebstock
Folge 10: Dornrös’chen
Folge 11: Alte Dorfmühle
Folge 12: Heiping
Folge 13: Zum Kreiswald
Folge 14: Heimkehr und Schluss