Kulinarische Abenteuer im Odenwald und an der Bergstraße

Hotel Waldesruh und Restaurant Pichlers

Regional? Saisonal? Bio? (Folge 02)
Hotel Waldesruh und Restaurant Pichlers

Regional. Saisonal. Bio. Das findet jeder gut. Und jeder redet darüber. Und doch meint jeder etwas anderes und handelt – wenn auch in bester Absicht – entsprechend individuell. Michael Frank hat einige Gastronomen in der Gegend dazu befragt. Begleitet ihn auf seiner Tour, lernt die Leute kennen und das, was dort auf den Tisch kommt.

Wenn du Darmstadt am Böllenfalltor verlässt, führt dich dein Weg auf der 449 durch einen Wald. Und wenn der endet, biegst du links ab und folgst dem Waldrand bis zu einem Bahnübergang. Direkt danach hältst du dich rechts. Und dann sind es nur noch wenige Meter bis zum Ziel.

 

49.84028901510, 8.694785992690207

Hier betreiben Stefanie Oberpichler und Frank Jebautzke das Hotel Waldesruh mit dem Restaurant Pichlers. Das Restaurant bietet internationale Küche und aber auch regionale Spezialitäten aus Produkten von Landwirten aus der Umgebung. Eine wechselnde Extra-Karte präsentiert saisonale Gerichte, sagt die Website. Michael Frank hat Frank Jebautzke unsere fünf Fragen zum Thema gestellt.

 

Frage 1:
Was verstehen Sie unter dem Begriff „Regionale Küche“?

 „Dass wir mit Produkten arbeiten, die – klar – aus der näheren Umgebung kommen. Man kann zwar nicht alles aus der Umgebung haben, man kann aber sehr vieles haben.

Ich bin z.B. gerade dabei, eine Karte zu schreiben. Für die Leute, die nach tollen und guten Steaks fragen. Die gibt es mit Sicherheit im Odenwald. Wir arbeiten mit dem Frühwein zusammen, aus dem Schlachthof in Brensbach. Aber die (die Leute … Anm. des Verfassers) wollen halt ein schönes US-Black Angus haben, ja? So! Und da kann ich mich nicht davor verwehren und sagen: Nee, da müsst Ihr halt ein Filet nehmen oder ein Rumsteak hier von unserm Bauern um die Ecke. Weil, das Verlangen (der Gäste … Anm. des Verfassers) ist halt schon da.

Man soll aber trotzdem versuchen, hier mit regionalen Produkten zu arbeiten … geht aber nicht immer, geht auch manchmal preislich einfach nicht.

Aber für mich bedeutet Regionalität – ich sage mal – aus dem Umkreis von 20 km, maximal 30 km die Produkte zu beziehen. Und – natürlich auch – mit Leuten zusammenzuarbeiten, die eben auch aus unmittelbarer Nähe sind. Also dass ich mir die Blumenfrau nicht aus Roßdorf hole, sondern von hier – da vorne bei mir um die Ecke. Ja, um einfach auch mal die Region zu stützen, in der ich mich bewege, in der ich mich aufhalte und auch um einfach mal nicht so große Anfahrtswege auf mich nehmen zu müssen.“

 

Frage 2:
Beschränkt sich „Regionale Küche“ für Sie auf die regionaltypische Zubereitung regionaler Produkte?

„Nee! Wir haben logischerweise auch mal eine Odenwälder Woche oder zum Beispiel eine Handkäs-Bratwurst von einem Metzger … die ist überragend. Ob ich die besonders anrichte ist die Frage? Nee, eigentlich nicht. . […] Mir fällt nichts ein, was typisch für die Region wäre, wenn man Bratwurst auf den Grill legt.

Wir versuchen alles zu modernisieren, machen das einfach ein bisschen anders. Wir nennen unsere Küche auch nicht regional, wir nennen sie interregional – das schreiben wir uns auf die Fahne.

Wenn ich zu einem Gericht geile Spaghetti machen möchte, weil ich das einfach gut finde – zu einem See-Saibling Spaghetti Aglio Olio – […] dann nehme ich einfach italienische Spaghetti dazu. Da kann der See-Saibling gerne von irgend einem Laden hier aus der Nähe kommen.“

 

Frage 3:
Handelt es sich dabei ausschließlich um saisonale Produkte?

„Da achten wir schon drauf. Ja, auf jeden Fall. […] wenn jetzt Kürbis-Zeit ist oder es ist Trüffel-Saison, dann nehme ich das auf jeden Fall in meine Speisekarte auf, auf jeden Fall. Und ich versuche möglichst gar nix aus der Tiefkühltruhe zu nehmen: Aber es gibt einfach Sachen aus der Tiefkühltruhe, die halt top sind. Ich muss Rösti nicht selber machen, nur damit ich die selbst gemacht habe. Denn die Qualität, die ich kaufe ist so top.“

  

Frage 4:
Gibt es „das“ regionale Gericht schlechthin?

„Für mich ein typisches Gericht ist schon der Tafelspitz mit grüner Sauce. Das ist so für mich ein Klassiker.“

 

Frage 5:
Welche Bedeutung messen Sie „Bio“ bei?

„Ferz – für mich. Brauche ich nicht. Ferz. Geldmacherei.

Ich weiß nicht, jetzt ist der Schrei nach Bio-Eiern groß. […] Das ist für mich so ein Sommerloch – heute im Darmstädter Echo die Überschrift: „Run auf Bio-Eier geht los“. Und jetzt frage ich mich, wenn alle Bio-Eier wollen und freilaufende Hühner, die durch die Gegend hüpfen, wie das bewerkstelligt werden soll? Also wenn ich jetzt aufs Oberfeld gehe, fände ich es toll, wenn es mal heißen würde, na ja, wir haben keine Eier mehr. Aber wenn ich da bin gibt’s Eier. Ich frage mich immer, wo sie die ganzen Eier her haben und wieviel Hühner die rumlaufen haben – freilaufend – so dass sie diesen Run auf diese Bio-Produkte bewältigen können. Also da ist mir zuviel Geldmacherei dahinter.

 

Vielen Dank für ihre Zeit Herr Jebautzke

Und dieser Dank ist alles andere als eine Floskel. Die Zeit für ein offenes Wort zu einem Themenkreis, der durchaus kontrovers diskutiert wird, nimmt sich nicht jeder. Aber im Restaurant Pichlers redet man nicht nur über das Essen, man serviert auch Leckeres, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann.

 

Restaurant Pichlers

Am Bessunger Forst 28
64367 Mühltal / Trautheim

Tel. +49 6151 9115-0
info@hotelwaldesruh.de

Montag bis Samstag 06:30–23:00 Uhr
Sonn- und Feiertags 07:30–17:00 Uhr
Donnerstag ist Ruhetag
Warme Küche von 12:00–14:00 Uhr und 18:00–22:00 Uhr

www.hotelwaldesruh.de

 

Das Interview führte Michael Frank. Die Aussagen der Befragten sind inhaltlich unverändert, jedoch der hochdeutschen Schriftform angepasst. Auslassungen, die zu unnötigen Längen führen oder die Leser in der geschriebenen Form verwirren würden, sind gekennzeichnet.

Fotografiert haben Michael Frank und Thomas Hobein.

(Unterwegs im Auto u.a. gehört: „The Wayward Shepherd“ aus der EP „Human Herdings“ von Marc O’Reilly)

Nächste Woche: 49.62425876867529, 8.921903150000048

Weitere Beträge der Serie „Regional? Saisonal? Bio?“:
Folge 01: Einleitung
Folge 03: Zur Schmelz
Folge 04: Labsal
Folge 05: Treuschs Schwanen und Johanns-Stube
Folge 06: Zum Löwen
Folge 07: Geiersmühle
Folge 08: Zum Hirsch – Fürstengrund
Folge 09: Zum Rebstock
Folge 10: Dornrös’chen
Folge 11: Alte Dorfmühle
Folge 12: Heiping
Folge 13: Zum Kreiswald
Folge 14: Heimkehr und Schluss

2 Kommentare zu “Hotel Waldesruh und Restaurant Pichlers

  1. Brigitta Martine

    ich stimme insoweit überein,aber Rösti aus der Tiefkühltruhe ???? Das kann ich zu Hause auch und muß dafür nicht in die Gaststätte gehen .Will damit nicht sagen das man Ware aus der Truhe nicht nehmen soll, leider bekommt man in vielen Gaststätten Ware aus der Truhe .Fertigware,gut ich gehe mit,wenn man fragt ist das selbstgemacht? man erhält die Antwort :“nein“, leider nicht…dann kann ich damit leben, aber viele sagen „ja“,natürlich..und ich weiß genau,daß die Klöße nicht!! selbstgemacht sind,dann bin ich einfach raus und sauer,denn dann kann ich auch zu Hause kochen für weniger Geld.
    Sicher eine Frage des Geldes,des Personals usw. Mit Ehrlichkeit fährt man da gut,deshalb fand ich den Beitag gut,auch zwecks Eier usw. Da wir öfter nach DA fahren und diese Gaststätte bislang ausgelassen haben,hat es uns doch animiert hineinzuschauen um dort zu speisen.

    1. Thomas Hobein

      Nun, ich habe Rösti aus der Tiefkühltruhe noch nicht gegessen – auch nicht im Restaurant Pichlers, aber was ich dort gegessen habe, war wirklich gut und die Weine vom Hanno Rothweiler sind sowieso …

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